Montag, 2. August 2010

Wachstum und Risiko

China erklärte sich zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Doch die Immobilienblase könnte das Wachstum des Landes gefährden.

Es scheint so, als würden die wirtschaftlichen Erfolgsmeldungen aus China nicht mehr abreißen. Gerade erst lobte der „Internationalen Währungsfond“ die Politik des Landes während der Finanz und Wirtschaftskrise. „Schnell, entschieden und effektiv“ habe die Regierung reagiert, um die Auswirkungen der Krise auf die eigene Wirtschaft in Grenzen zu halten. Nun hat sich die Volksrepublik auch noch zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt erklärt. „China hat Japan überholt,“ erklärte Yi Gang, Vizechef der chinesischen Zentralbank am Freitag. Auf welche Zahlen er sich dabei stützt, sagte Yi allerdings nicht. Das Land hatte Anfang 2009 bereits Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt abgelöst. Nun ist voraussichtlich nur noch die Wirtschaftsleistung der USA größer als die der Volksrepublik. Doch so sehr sich die chinesische Führung über diese Meldung freuen mag – ganz ohne Probleme läuft deren Wirtschaft auch nicht.

Der überhitzte Immobilienmarkt bereitet Peking die meisten Probleme. Die hohen Wohnungspreise sorgen seit Längerem für Unmut in der Bevölkerung und drohen, das Wirtschaftswachstum des Landes zu gefährden. „Die Immobilienblase birgt das größte Risiko für Chinas Wirtschaft“, erklärte David Wyss, Chefökonom der US-Ratingagentur Standard & Poor’s, am Donnerstag. Erst kürzlich warnte auch der ehemalige IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff vor der Überhitzung der Wirtschaft und dem Platzen der Preisblase. Zusätzlich gehen aktuelle Prognosen für die zweite Hälfte des Jahres von rund zwei Prozent weniger Wachstum aus. Auch wenn das dann immer noch etwa neun Prozent Wirtschaftswachstum bedeuten würde – in China reicht dieser Rückgang, um die Angst vor einem baldigen Ende des Booms zu schüren.

Doch glaubt man Peking und seinen Wirtschaftsexperten, ist alles unter Kontrolle und die Abkühlung auf dem Markt gewollt. Laut eines Berichts der chinesischen Notenbank von Dienstag ist die derzeitige Verlangsamung des Wachstums eine natürliche Korrektur, zurückzuführen auch auf die makroökonomische Regulierung der Regierung. „Es ist richtig und gut, die wirtschaftlichen Strukturen wieder ins Gleichgewicht zu bringen und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erzielen,“ hieß es in dem Bericht weiter.

Doch den Immobilienmarkt hat man noch nicht richtig in den Griff bekommen. Bereits seit Anfang des Jahres versucht Peking, die steigenden Immobilienpreise zu stoppen. So wurde die Überwachung der Finanzierung von Bauprojekten verschärft, die Kreditvergabe durch die Banken eingeschränkt. Spekulationen haben den Bausektor aufgebläht. Sollten die Immobilienpreise schlagartig einbrechen, hätten die Banken mit Milliarden an faulen Krediten zu kämpfen. Da der Sektor etwa ein Zehntel des Bruttoinlandsprodukts ausmacht, wäre das chinesische Wirtschaftswachstum in Gefahr. Die meisten Experten gehen allerdings davon aus, dass Peking die Luft aus der Immobilienblase lassen kann, ohne dass es zum großen Knall kommt. „Es wird keine tiefen Fall geben“, sagte Lian Ping, Chefökonom der Bank of Communications letzte Woche gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

Abkühlung ja, Krise nein. So sehen es wohl auch die meisten deutschen Unternehmen. Ob VW oder Daimler - noch feiert besonders die deutsche Automobilindustrie den chinesischen Markt als Absatzmotor. Während der Chinareise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Mitte Juli schlossen deutsche Firmen Geschäfte in Milliardenhöhe ab. So baut Daimler künftig zusammen mit einem chinesischen Hersteller Lastwagen. Investitionsvolumen des Deals - 800 Millionen Euro.
Auch VW kann derzeit auf eine wachsende Nachfrage in China bauen. In der ersten Jahreshälfte steigerte das Unternehmen seinen Absatz in der Volksrepublik um 46 Prozent auf über 950 000 Fahrzeuge.

Und es scheint nicht so, als würde der Blick in die Zukunft dem Unternehmen Sorgen bereiten. „Natürlich gibt es eine gewisse Abkühlung auf dem chinesischen Markt“, sagt Ulrich Walker, Chef von Daimler Nordost-Asien. Doch es gebe eben auch genügend Zeichen, dass es nicht all zu schlimm werde. „Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren ein stabiles Wachstum in China haben werden“, so Walker. Der Manager glaubt, dass die Regierung in der Lage ist, die Wirtschaft des Landes stabil zu halten. Sollte das wirklich gelingen, wird man erst einmal mit weiteren Erfolgsmeldungen aus China rechnen können.

(c) Hao de

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