Dienstag, 20. Dezember 2011

Kim Jong Il: Das Phantom und sein Kult

Kim Jong Il: Er war der "Irre mit der Bombe": allgegenwärtig – und doch nicht zu fassen.

Sie knieten nieder vor den vielen Denkmalen oder Monumenten, oder sie brachen mitten in den Weiten ihrer breiten, autofreien Straßen in Tränen aus. Die ganze Stadt wirkte wie betäubt von der Nachricht, die in einer Sondersendung des Fernsehens verbreitet wurde: Kim Jong Il ist tot, schon seit Sonnabend, der Mann, den sie „Geliebter Führer“ nennen in Nordkorea, obwohl er doch das Schreckensreich, das sein Vater um sie aller herum errichtet hatte, bestehen ließ.

Obwohl er nichts daran änderte, dass so viele Menschen hungern, dass ihre Städte abends dunkel sind und ihre Wohnungen im Winter kalt, dass, wer immer Kritik äußert, verschwindet. Ehrliche Tränen werden darüber in Pjöngjang vergossen, vielleicht in ganz Nordkorea, sagen die wenigen Beobachter, die es im Land überhaupt gibt. Das öffentliche Leben liegt weitgehend lahm, Geschäfte wurden geschlossen, Treffen abgesagt.

Der Tod hat Kim Jong Il auf einer Zugfahrt ereilt. Ausgerechnet. Züge galten ihm immer als sicherer Ort. Nur eine Flugreise 1965 nach Indonesien ist bekannt geworden. Alle anderen Reisen absolvierte er mit einem gepanzerten Zug, den sein Vater, der Nordkorea-Begründer und „Große Führer“ Kim Il Sung, einst vom sowjetischen Diktator Josef Stalin als Geschenk erhalten hatte. Kim Jong Il soll das Gefährt mit einer Schutzlackierung gegen Ortungsgeräte versehen und damit schwer ortbar gemacht haben. Zudem sollen ihn auf seinen zum Teil wochenlangen Reisen durch China und Russland noch zwei identische Züge begleitet haben, damit sein Aufenthaltsort für mögliche Angreifer nicht zu erkennen ist.

Aber vielleicht ist das auch nur wieder Legende, wie nahezu alles um Kim Jong Il herum, von Geburtszeit und -ort bis hin zu seinen angeblichen Vorlieben für westlichen Luxus. Auch die genauen Umstände des Todes werden vernebelt. Während einer Inlandsfahrt mit dem Zug, so meldete es die Zentrale Koreanische Nachrichtenagentur, sei der Führer „nach einer großen mentalen und physischen Belastung“ gestorben, gemeint ist ein Herzinfarkt.

Kim Jong Il hat die westliche Welt immer entsetzt, so viel Grausames war aus seinem Land zu hören. Bereits in den ersten Jahren seiner Herrschaft, die er erst drei Jahre nach dem Tod seines Vaters Kim Il Sung 1997 antrat, sollen etwa eine Million Nordkoreaner verhungert sein. Das Aufbegehren der Menschen gegen ihr Elend unterdrückte er mit aller Härte, und gleichzeitig polierte sein Image in der Bevölkerung durch Propaganda auf. Der Großteil der Energieressourcen und allen Geldes floss in das Atomwaffenprogramm, den wirtschaftlichen Umbau seines Landes vernachlässigte er. Während er sich von der verarmten Bevölkerung verehren ließ, sorgte er auf internationalem Parkett für Schrecken. Er war „der Irre mit der Bombe“. Und sein Land steht bis heute für Hunger, absolute Kontrolle und für Konzentrationslager, in denen Jahr für Jahr tausende Menschen elend sterben, manche nur, weil sie etwas zu Essen für ihre Kinder gestohlen hatten.

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Samstag, 10. Dezember 2011

Presseschau: 10/12/11

Kinderspielzeug und -kleidung aus China haben einen schlechten Ruf. Die Produktionsauflagen sind nicht so streng wie in Europa. Schadstoffe, hier längst verboten, werden weiterhin verwendet. Es wird billig produziert und kaum auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung von Kindern geachtet. Regelmäßig warnen Verbraucherschützer deshalb gerade vor Weihnachten, Spielzeug aus dem Reich der Mitte genau unter die Lupe zu nehmen – denn ein großer Teil der weltweit verkauften Spielwaren kommt aus China.
Doch nicht nur in Europa, auch im eigenen Land geraten die chinesischen Hersteller immer häufiger in die Kritik. In ihrer Donnerstagsausgabe griff die staatliche Zeitung „Global Times“ eine Studie von Umwelt- und Verbraucherschützern auf, laut der 32 Prozent aller Waren für Kinder mit gefährlichen Schwermetallen belastet seien. Für die Studie wurden in den fünf Städten Peking, Schanghai, Guangzhou, Wuhan und Hongkong 500 Artikel für Kinder getestet. „Die sechs verschiedenen Schwermetalle, die wir gefunden haben, können Blut, Immunsystem und
Verdauungstrakt schädigen“, zitierte die „Global Times“ Wu Yixiu von Greenpeace China. Auch besorgte Eltern kamen in dem Bericht zu Wort. „Babys beißen gerne in Spielzeug und nuckeln an ihren Fingern, nachdem sie es berührt haben. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, dass mein Sohn mit giftigen Sachen gespielt haben könnte“, sagte die Mutter eines Dreijährigen aus Schanghai. Chinesische Experten forderten die Behörden auf, die Kontrolle von Produkten für Kinder zu verschärfen.

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Samstag, 26. November 2011

Presseschau: 26/11/11

„China gibt seine Klimaziele bekannt“ titelte am Mittwoch die staatliche Zeitung „Global Times“ wenige Tage vor den UN-Klimagesprächen in Durban. Neue Reduktionsziele hat Chinas Führung allerdings nicht ausgegeben. Und so folgt auf die viel versprechende Überschrift, ein eher ernüchternder Artikel, der deutlich macht: An Chinas Position hat sich nichts geändert. Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt akzeptiert weiterhin keine international verbindlichen Klimaziele. Wie bisher hält Peking an dem Prinzip der „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung“ im Kampf gegen den Klimawandel fest. Die Schwellenländer, zu denen auch China zählt, wehren sich gegen verbindliche Zahlen bei der Reduktion ihrer Emissionen und fordern von den Industrienationen einen größeren Beitrag. So ist auch in dem Bericht der „Global Times“ weniger von Pekings Klimazielen die Rede als von der Verantwortung der Industriestaaten. Auf einer Pressekonferenz zu Beginn der Woche hatte Xie Zhenhua, Leiter der chinesischen Delegation für Durban, die Industrieländer zu einem größeren Engagement gegen die Erderwärmung aufgefordert. Auf der selben Pressekonferenz hatte Chinas Staatsrat ein neues „Weißbuch“ zum Klimawandel veröffentlicht. Laut Xie will China bis 2015 an seinen bisherigen Klimazielen festhalten, bevor neue Ziele für die Reduktion von Emissionen festgelegt werden sollen. 2009 hatte Peking beschlossen, seinen Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 im Vergleich mit den Werten von 2005 um 40 bis 45 Prozent zu verringern.

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Samstag, 19. November 2011

Presseschau: 19/11/11

20 Tote, 44 Verletzte bei Unfall mit Kindergartenbus

Neun Menschen hätte der Kleinbus eigentlich transportieren dürfen. Stattdessen quetschten sich 62 Kinder und zwei Erwachsene in den Wagen. Als der überfüllte Kindergartenbus am Mittwoch nahe der Stadt Qingyang in der nordwestchinesischen Provinz Gansu mit einem Kohlelaster zusammenstieß, kam es zur Katastrophe. 18 Kinder und die beiden Erwachsenen kamen ums Leben. Der Busfahrer und vier Kinder starben noch an der Unfallstelle. 14 Mädchen und die Kindergartenlehrerin erlagen laut chinesischen Medienberichten im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen. Kein Kind blieb unverletzt. Bilder der Nachrichtenagentur „China News Service“ zeigten einen völlig zerstörten orangefarbenen Bus und blutverschmierte Sitze. Überall lagen Kinderschuhe und Glassplitter herum.
Der verheerende Unfall wirft ein Schlaglicht auf die Sicherheitsmängel beim Transport von Kindergarten- und Schulkindern in China. „Gerade in ländlichen Gegenden bringen solche Kleinbusse wie der Unglückswagen Kinder zur Schule. In den letzten Jahren ist die Zahl der Unfälle dieser Schulbusse gestiegen“, hieß es in einem Artikel der staatlichen Zeitung „China Daily“ von Donnerstag. Dabei wurden die Sicherheitsbestimmungen für den Schultransport in China erst 2010 verschärft. Deren Umsetzung ist besonders auf dem Land aber noch immer mangelhaft. In dem Bericht der „China Daily“ sehen Experten das enge Budget der Schulen als Ursache für das Sicherheitsdefizit beim Transport. Zudem würden die lokalen Regierungen nicht genügend Geld für Schulbusse bereitstellen.

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Samstag, 29. Oktober 2011

Europa hofft, China zögert

In Peking wirbt der Chef des europäischen Rettungsschirms (EFSF) um Hilfe in Milliardenhöhe. Doch China zögert.

Klaus Regling, Chef des europäischen Rettungsschirms (EFSF), versuchte in Peking gar nicht erst zu verbergen, dass er auf große Werbetour nach China gekommen war. Mit der Einigung vom Euro-Krisengipfel im Rücken, buhlte Regling offen um Investitionen aus China. „Es ist doch ganz normal, wenn wir bei unseren Kunden für unsere Anleihen oder neue Produkte werben“, sagte der EFSF-Chef am Freitag vor Journalisten in Peking. China sei ein guter und loyaler Kunde von EFSF-Anleihen. Rund 40 Prozent der Anleihen seien bisher von Investoren in Asien gekauft worden. Wie groß der Anteil Chinas ist, sagte Regling allerdings nicht. Auch nicht, in welcher Form sich China am europäischen Rettungsschirm beteiligen könnte. Derzeit arbeite man an neuen Anleiheprodukten, die auch für China interessant sein könnten. Noch aber gebe es diese nicht. Der EFSF-Chef bestritt in diesem Zusammenhang, dass China politische Bedingungen, wie die Annerkennung als Marktwirtschaft, an ein weiteres finanzielles Engagement knüpfe. Bei Gesprächen im chinesischen Finanzministerium und bei der Zentralbank in Peking habe er hauptsächlich über die Ergebnisse des EU-Gipfels informiert. Bereits am Donnerstag hatte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao telefoniert, um von der Einigung in Brüssel zu berichten. Damit hatte Sarkozy gleichzeitig die Bedeutung Chinas für die Eurorettung hervorgehoben.

Europa wirbt verstärkt um China als Investor. Dessen Führung hält sich aber weiterhin bedeckt. Die Volksrepublik hält Devisenreserven in Höhe von über 3,2 Billionen US-Dollar, die aufgrund der Handelsüberschüsse stetig steigen. Doch obwohl China ohnehin seine Abhängigkeit von US-Staatsanleihen verringern möchte, zögert Peking beim Kauf von weiteren europäischen Staatsanleihen. „Wir wollen jetzt erst einmal abwarten, wie die technischen Details des geplanten neuen Investmentmodells aussehen“, sagte der Vizefinanzminister Zhu Guangyao am Freitag. Eine Verzögerung dürfte Peking gerade recht kommen, zweifelt Chinas Führung doch offenbar daran, dass der Kauf von europäischen Staatsanleihen rein ökonomisch ein gutes Geschäft ist. So sieht man diese mehr als Hilfeleistungen für angeschlagene Eurostaaten, denn als viel versprechendes Investment. Die EU ist Chinas wichtigster Handelspartner und für den Exportweltmeister als Absatzmarkt von zentraler Bedeutung. Eine Ausweitung der EU-Krise hätte auch für China gravierende Folgen. Dennoch warnte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag in einem Kommentar davor, das finanzielle Engagement Chinas als Lösung für die Eurokrise überzubewerten. „Europa muss sich letztlich selbst aus der Krise befreien“, hieß es bei Xinhua. Nach den Notstandsmaßnahmen vom EU-Gipfel müssten nun grundlegende Finanzreformen folgen.

China bleibt offenbar auch nach der Einigung in Brüssel skeptisch, ob die EU die Finanzkrise in den Griff bekommen kann. „Wir folgen der Situation genau und sind ziemlich besorgt“, erklärte Vizeaußenministerin Fu Ying am Freitag in Peking, lobte aber gleichzeitig die jüngsten Beschlüsse des EU-Gipfels. Mehrfach hatte Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao der krisengeschüttelten Eurozone in den letzten Monaten finanzielle Hilfe versprochen. Konkrete Zusagen blieben aber aus. Dennoch inszeniert sich Peking geschickt als Retter in der Not und erwartet für seine Hilfsangebote nun Gegenleistungen. Seit Monaten hat China den Druck auf die EU erhöht, ihr den Status als Marktwirtschaft anzuerkennen. Mit der EU-Finanzkrise sieht Peking nun seine Chance gekommen, diese Forderung durchzusetzen. Weitere Investitionen in Staatsanleihen europäischer Krisenstaaten gibt es nur, wenn sich die EU in diesem Punkt auf China zu bewegt. So dürfte das politische Geschäft aussehen, auch wenn weder chinesische noch europäische Vertreter dies offen zugeben wollen.

Für Chinas Führung sind die europäischen Staatsanleihen ohnehin nur eine Möglichkeit von vielen, um ihre Devisenberge anzulegen. Großes Interesse herrscht besonders an direkten Investitionen in europäische Unternehmen, von denen man sich gute Geschäfte erhofft. So könnten sich chinesische Firmen europäisches Know-how aneignen, das ihnen auch auf dem heimischen Markt hilft. Noch sind derartige Investitionen überschaubar. Doch in zahlreichen Branchen sind Unternehmen aus der Volksrepublik, meist mit staatlicher Unterstützung, schon aktiv. Zuletzt kauften zwei chinesische Unternehmen am Freitag den insolvenzbedrohten Autohersteller Saab.

Innerhalb der EU hofft man allerdings, dass China neben diesen Direktinvestitionen auch weiter in europäische Staatsanleihen investiert. „China erzielt große Handelsüberschüsse und muss diese auch Anlegen“, so EFSF-Chef Regling. Er zeigte sich optimistisch, dass China langfristig auf europäische Staatsanleihen setzt. Dass es sich dabei um eine sichere Anlage handelt, davon muss die EU China offenbar noch überzeugen. Die nächste Gelegenheit hierzu bietet sich kommende Woche auf dem G20-Gipfel in Cannes, an dem auch Chinas Präsident Hu Jintao teilnimmt. Auf dem Treffen soll über Maßnahmen zur Ankurbelung der Weltwirtschaft beraten werden. Trotz der kritischen Lage, in der sich diese befindet, dürfte es für Hu eine angenehme Reise werden, sichern ihm die begehrten Devisenberge Chinas doch großen politischen Einfluss.

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Sonntag, 23. Oktober 2011

Presseschau 11/10/22: Die kleine Yue Yue ist tot

Das Schicksal der kleinen Yue Yue bewegte diese Woche ganz China. Gleich von zwei Autos wurde das Mädchen letzte Woche in der südchinesischen Stadt Foshan überrollt - die Fahrer flüchteten. Für Empörung sorgte nicht nur der Unfall an sich, sondern die Teilnahmslosigkeit der Passanten. 18 Menschen waren zu Fuß oder auf dem Fahrrad an dem zwei Jahre alten Kind vorbeigekommen. Mehrere Minuten vergingen, ohne dass jemand der schwer verletzten Yue Yue geholfen hätte. Erst nach etwa sieben Minuten trägt eine Müllsammlerin das blutende Kind von der Straße.

Verstörende Videoaufnahmen des Vorfalls, aufgenommen von einer Sicherheitskamera, gelangten ins Internet, und lösten in China eine große Diskussion über den Mangel an Zivilcourage in der Gesellschaft aus. In ihrer Donnerstagsausgabe veröffentlichte die englischsprachige „Global Times“ eine Umfrage, bei der 80 Prozent der Befragten der Meinung waren, dass der Vorfall einen Verfall moralischer Werte in China widerspiegeln würde. „Geld bestimmt die Gesellschaft. Die Menschen sind immer materialistischer eingestellt, gleichgültig gegenüber anderen Menschen“, zitiert die „Global Times“ einen chinesischen Internetnutzer. „[...] Wenn öffentliche Teilhabe nicht gefördert und das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht geschützt wird, werden die Menschen keine Verantwortung übernehmen“, erklärte der Politologe Tang Hao in der in Hongkong erscheinenden „South China Morning Post“.

Die Unfallfahrer wurden mittlerweile festgenommen. Am Freitag erlag die kleine Yue Yue ihren schweren Verletzungen.

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Samstag, 22. Oktober 2011

Kulturreform chinesischer Prägung

Auf dem Weg zur führenden Weltmacht lässt sich China nicht aufhalten. Unauffällig, aber systematisch kauft Peking auf der ganzen Welt Land, um sich auf lange Sicht Bodenschätze und Anbaufläche zu sichern, systematisch wird der Export ausgebaut, systematisch wird die eigene Währung zur Weltleitwährung aufgebaut, um eines Tages den Dollar abzulösen. Um die USA als Weltmacht Nummer eins hinter sich zu lassen, muss aber ein Feld noch völlig neu erobert werden. Es geht um die einst als „US-Kulturimperialismus“ geschmähte Ausstrahlung der amerikanischen Kultur. Gegen die Anziehungskraft dessen, was Ernest Hemingway, Coca-Cola, Steven Spielberg, Steve Jobs und Lady Gaga verkörpern, hat China bisher nicht viel entgegenzusetzen.

Es gleicht einer Sensation, was das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas am Dienstag beschlossen hat. „Die Kultur wird immer mehr zu einem bedeutenden Element umfassender nationaler Stärke und Wettbewerbsfähigkeit“, heißt es in dem Beschluss. Chinas kultureller Einfluss solle weltweit ausgebaut werden. China solle mehr herausragende Kulturprodukte herausbringen und damit das Ausland begeistern. „Wir spüren die dringende Aufgabe, unsere Bemühungen zu verstärken, den Einfluss der chinesischen Kultur weltweit auszubauen“, heißt es in dem offiziellen Dokument, das die „Volkszeitung“, Sprachrohr der Partei, in einem Leitartikel aufgriff.

Es ist das erste Mal, dass Peking offen postuliert, die Welt kulturell zu erobern.

„Soft Power“ heißt das Stichwort, das die Experten benutzen. Dabei geht es nicht um Geld oder Wirtschaft. Es geht um Ideen. Um die Köpfe der Menschen. Um die Werte, nach denen die Menschen leben wollen und sollen.

Mit dem Beginn des wirtschaftlichen Aufstiegs und den wachsenden internationalen Verflechtungen musste Chinas Führung feststellen, dass es um das Image des von ihr geprägten autoritären Kapitalismus schlecht bestellt ist. Viel Geld hat man schon in den vergangenen Jahren aufgewendet, um das zu ändern. Aushängeschild der Imagepflege sind die Konfuziusinstitute, die seit 2004 weltweit wie Pilze aus dem Boden schießen. Hunderte solcher Institute gibt es mittlerweile. Und Chinas staatliche Medien können auf großzügige Mittel zurückgreifen, um internationale Ausgaben ihrer Zeitungen herauszubringen. Nicht zuletzt dienten Großveranstaltungen wie die Weltausstellung 2010 oder die Olympischen Spiele 2008 dazu, China ins rechte Licht zu rücken.

Auch wenn diese Bemühungen schon seit Jahren auf Hochtouren laufen, bilden die neuen Richtlinien zur „kulturellen Reform“, die jetzt formuliert wurden, doch einen Einschnitt. Zum einen, weil erstmals ein kulturimperialistischer Anspruch formuliert wird, den man Chinas Führung bisher eher zugesprochen hatte, als dass sie ihn selbst ausgesprochen hätte. Zum anderen, weil der Eindruck erweckt wird, als wolle man nicht nur einfach wie bisher seinen „Sozialismus chinesischer Prägung“ als für die Volksrepublik notwendige Lösung verteidigen. Vielmehr haben die Wirtschaftskrisen in den USA und Europa Pekings Machthaber scheinbar zur Überzeugung gebracht, dass ihr System als Modell für andere Länder taugt.

Zuletzt war es die US-Schuldenkrise, die China aus der Deckung lockte. Scharf kritisierte Peking die politischen Machtspiele in Washington. So scharf, dass sich nicht wenige Beobachter die Augen rieben. Asiatische Zurückhaltung, das von Peking viel gepriesene Prinzip der Nichteinmischung in die Angelegenheit anderen Staaten – wenig war von dem zu sehen, was die chinesische Außenpolitik in den letzten Jahren geprägt hatte.

Natürlich spielte in der harschen Reaktion die Sorge um chinesische Investitionen eine Rolle. Etwa 1,2 Billionen US-Dollar hält Peking in amerikanischen Staatsanleihen. Doch die Misere der USA galt Chinas Parteistrategen offenbar auch als Startschuss, um an der globalen Vorherrschaft westlicher Werte zu kratzen. Spätestens mit der Herabstufung der amerikanischen Kreditwürdigkeit scheint manch Parteifunktionär die Zeit für einen Systemvergleich gekommen zu sehen. Zu ihnen gehört Chinas Vize-Außenministerin Fu Ying. „Der Westen glaubt, dass nur sein System funktioniert. Das mag für manche Länder so sein, aber wie man an der jüngsten Finanzkrise sieht, haben auch sie gelegentlich Schwierigkeiten. Demokratie allein bringt eben noch kein Essen auf den Tisch“, sagte Fu dem „Spiegel“.

Aber der Aufruf des ZK zu „kulturellen Reformen“ ist nicht nur als Kampfansage nach außen gemeint, sondern richtet sich auch nach innen. Dabei sticht besonders der Begriff der „kulturellen Sicherheit“ heraus. Was Chinas Führung darunter versteht, wird erst im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen chinesische Internetnutzer deutlich. Chinas Führung fürchtet den kulturellen Kontrollverlust, wenn Chinas Jugend über das Internet westliche Konsumgüter, westliche Lebensart und westliche Kultur annimmt.

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Mittwoch, 19. Oktober 2011

Aus purer Verzweiflung

Allein im Oktober sollen sich fünf tibetische Mönche in China selbst verbrannt haben – nun auch eine Nonne

Es ist ein trauriges Novum im Widerstand der Tibeter. Zum ersten Mal zündete sich eine buddhistische Nonne aus Protest gegen die chinesische Herrschaft an und kam ums Leben. Nach Angaben mehrerer tibetischer Exilorganisationen hatte sich die etwa 20 Jahre alte Nonne Tenzin Wangmo am Montag nahe ihrem Kloster außerhalb der Stadt Aba (Tibetisch: Ngaba) im tibetischen Gebiet der Provinz Sichuan angezündet. Sie habe religiöse Freiheit und die Rückkehr des Dalai Lama nach China gefordert, berichtete die in London ansässige Organisation Free Tibet am Dienstag. Zudem gebe es Informationen aus der Region, nach denen weitere Tibeter zu derartigen Aktionen bereit seien, um auf die anhaltenden und brutalen Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen. Seit März ist die Zahl der Selbstverbrennungen in der tibetischen Region der Provinz Sichuan auf neun gestiegen. Es ist die fünfte allein in diesem Monat. „Die Unruhen in Tibet eskalieren und weiten sich aus“, erklärte Stephanie Brigden, Leiterin von Free Tibet. Die Selbstverbrennungen sind laut Brigden keine individuellen Protestaktionen, sondern Teil einer breiteren Protestbewegung. Erst am Samstag hatte sich der 19 Jahre alte ehemalige Mönch Norbu Dathul auf dem Marktplatz von Aba angezündet. Über seinen Zustand gibt es keine Informationen. Als „klares Zeichen für die tief empfundene Verbitterung und Verzweiflung angesichts der vorherrschenden Bedingungen in den tibetischen Gebieten“, bezeichnete der neue politische Führer der Exiltibeter Lobsang Sangay die Selbstverbrennungen.

Bei einer Demonstration sollen chinesische Sicherheitskräfte am Montag zudem zwei Tibeter niedergeschossen haben. Ihr Schicksal ist laut Free Tibet unbekannt. Überprüfen lassen sich die Berichte allerdings nur schwer. Ausländischen Journalisten ist der Zugang zu zahlreichen tibetischen Gebieten untersagt. Chinas Staatspresse ignorierte die Vorfälle bisher weitgehend. In einer Meldung der Nachrichtenagentur Xinhua hieß es lediglich, dass die lokalen Behörden hinter der Serie von Selbstverbrennungen Kräfte aus der exiltibetischen Gemeinde vermuteten. Diese organisiere „destabilisierende Aktionen“ in Aba.

Der tibetische Protest in China konzentriert sich derzeit vor allem auf die Stadt Aba und das dortige Kirti-Kloster, aus dem allein sieben der acht Mönche stammen, die sich bisher selbst angezündet haben. Mönche des Klosters hatten sich im Frühjahr 2008 auch an den antichinesischen Protesten beteiligt, die in Lhasa begonnen hatten und sich dann auf tibetisch besiedelte Gebiete in den angrenzenden Provinzen Qinghai und Sichuan ausbreiteten. In Aba wurden während der schweren Unruhen damals 13 Tibeter erschossen. Seither hat Chinas Führung die Militärpräsenz in den tibetisch besiedelten Gebieten drastisch verstärkt. Es kam zu zahlreichen Hausdurchsuchungen und Verhaftungen. Allein etwa 300 Mönche des Kirti-Klosters sollen zur „patriotischen Umerziehung“ gezwungen worden sein. Laut Free Tibet wurden zudem bisher sechs Mönche im Zusammenhang mit den Selbstverbrennungen zu Haftstrafen verurteilt. Im März dieses Jahres, aus Anlass des dritten Jahrestages der Unruhen von 2008, hatte sich der erste Tibeter selbst angezündet.

„Die Reaktion der chinesischen Behörden bestand bislang darin, exakt jene Politik weiter zu verschärfen, gegen die sich der Protest der Tibeter gerichtet hatte“, kritisiert Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet. Die Organisation forderte Chinas Regierung auf, ihren Kurs zu ändern und so schnell wie möglich mit tibetischen Vertretern in einen ernsthaften Dialog zu treten. Ein Wandel in der derzeitigen Tibet-Politik Chinas ist allerdings mehr als unwahrscheinlich. Stabilität ist das höchste Ziel der chinesischen Führung in Peking. Und dabei setzt Peking vor allem auf Härte.

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