Europas Krise, Chinas Chance
China nutzt die Eurokrise, um seinen Einfluss auf europäische Staaten auszubauen.
Die Liste der westlichen Politiker und Unternehmer, die mit Bewunderung auf Chinas Wirtschaftsentwicklung schauen, dürfte in den letzten Monaten wohl immer länger geworden sein. Während die Eurozone noch immer mit den Folgen der internationalen Finanzkrise zu kämpfen hat, verzeichnet China konstant hohe Wachstumsraten. Von 10,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr und noch 9,6 Prozent im nächsten geht der Internationale Währungsfond für China aus. Die Volksrepublik ist Krisengewinner, aufgestiegen zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Zwar ist das Land nicht völlig sorgenfrei – im November stieg die Inflation auf 5,1 Prozent und auch der Preisdruck auf dem Immobilienmarkt wächst. Doch im Gegensatz zu den Staaten der Europäischen Union (EU) steht China als Musterknabe da. Beinahe mitleidig guckt man nach Westen. Vor allem, dass die Regierungen ihre Staatsausgaben zurückfahren, sehen chinesische Experten als Problem für das Wachstum in der Eurozone. Sie sind eine Führung gewohnt, die das Geld mit vollen Händen ausgibt.
Für China ist die derzeitige EU-Krise Gefahr und Chance zugleich. Eurostaaten die reihenweise Pleite gehen, können auch nicht im Sinne der chinesischen Wirtschaftslenker sein. Denn noch ist China in hohen Maßen von seinen Exporten abhängig. Und die EU ist der wichtigste Außenhandelspartner des Landes. Hinzu kommt, dass China etwa ein Viertel seiner gigantischen Devisenreserven von umgerechnet insgesamt 2,7 Billionen Dollar in Euro angelegt hat. Schwächelt der Euro, hat China Wertverluste zu beklagen. „Die Eurokrise ist noch nicht überstanden. Kaum jemand würde sich wundern, wenn Portugal als nächster Dominostein fällt. Und früher oder später treffen die Euroschwankungen auch China“, kommentiert das chinesische Magazin „Century Weekly“. Auch deshalb inszeniert sich China immer häufiger als Retter angeschlagener Euroländer. „Wir werden sehr eng mit der EU und Griechenland zusammenarbeiten, um diese Jahrhundertkrise zu überwinden“, erklärte Premierminister Wen Jiabao Anfang Oktober bei seinem Besuch in Athen. Einen Kredit über 3,6 Milliarden Euro und den Kauf von Staatsanleihen sagte Chinas Führung der Regierung in Athen zu. Auch andere Euroländer in Not bekommen Finanzspritzen aus Peking oder können auf diese hoffen. Ob Portugal, Spanien, Italien oder Irland – das angeschlagene Europa kann mit Unterstützung aus China rechnen.
Doch dessen Hilfestellung ist bei weitem kein reiner Freundschaftsdienst. Neben der Wertsicherung der eigenen Devisenreserven verfolgt die Volksrepublik mit ihrem Engagement in Europa noch ganz andere Ziele. Abgesehen davon, dass man sich ein ordentliches Geschäft mit den europäischen Staatsanleihen verspricht – es geht vor allem darum, an Einfluss in Europa zu gewinnen. Je mehr einzelne Euroländer bei der Volksrepublik in der Kreide stehen, desto schwerer fällt den westlichen Regierungschefs die Kritik an China, wenn es um politische Themen geht. So dürfte das chinesische Kalkül aussehen. Offen aussprechen möchte das in Peking aber niemand. Das offizielle China hebt lieber Gemeinsamkeiten und wirtschaftliche Kooperationen hervor. Doch in Zeiten einer geschwächten EU könnte die Volksrepublik ihren wachsenden Einfluss nutzen, um bei strittigen Themen Druck auszuüben. Und von denen gibt es genug. „China erhöht das Tempo, um seine Industrie von Billigwaren auf hochwertige Produkte umzustellen. Das wird in der Zukunft noch zu Handelsstreitigkeiten mit anderen Ländern führen, die solche Produkte herstellen“, erklärte Zhang Yuyan, Analyst des Instituts für Weltwirtschaft und Politik an der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, vor Kurzem gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.
Steigender Einfluss könnte auch von Nöten sein, um eine Anerkennung des marktwirtschaftlichen Status der Volksrepublik zu erreichen. Dieser würde die chinesische Seite vor Anti-Dumping-Verfahren schützen, doch die EU zögert. Bei ihrem Chinabesuch im Juli hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zwar auf lange Sicht ihre Unterstützung angeboten. Doch gerade mit Blick auf den Schutz von geistigem Eigentum überwiegt in der EU bisher die Meinung, dass die Volksrepublik die Kriterien für den Status einer Marktwirtschaft noch nicht erfüllt. Chinesische Kommentatoren zeigen sich enttäuscht. „Wenn es dabei bleibt, wird das zweifellos die Exporte Chinas in die EU, aber auch die Wirtschaftsbeziehungen der EU mit anderen Ländern beeinflussen“, heißt es in der „China Daily European Weekly“, einem Ableger der staatlichen Zeitung „China Daily“. Doch mit dem wachsenden Einfluss auf krisengeschüttelte Mitgliedsstaaten der EU, steigen Pekings Chancen auch in diesem Punkt voranzukommen.
(c) hao.de
Die Liste der westlichen Politiker und Unternehmer, die mit Bewunderung auf Chinas Wirtschaftsentwicklung schauen, dürfte in den letzten Monaten wohl immer länger geworden sein. Während die Eurozone noch immer mit den Folgen der internationalen Finanzkrise zu kämpfen hat, verzeichnet China konstant hohe Wachstumsraten. Von 10,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr und noch 9,6 Prozent im nächsten geht der Internationale Währungsfond für China aus. Die Volksrepublik ist Krisengewinner, aufgestiegen zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Zwar ist das Land nicht völlig sorgenfrei – im November stieg die Inflation auf 5,1 Prozent und auch der Preisdruck auf dem Immobilienmarkt wächst. Doch im Gegensatz zu den Staaten der Europäischen Union (EU) steht China als Musterknabe da. Beinahe mitleidig guckt man nach Westen. Vor allem, dass die Regierungen ihre Staatsausgaben zurückfahren, sehen chinesische Experten als Problem für das Wachstum in der Eurozone. Sie sind eine Führung gewohnt, die das Geld mit vollen Händen ausgibt.
Für China ist die derzeitige EU-Krise Gefahr und Chance zugleich. Eurostaaten die reihenweise Pleite gehen, können auch nicht im Sinne der chinesischen Wirtschaftslenker sein. Denn noch ist China in hohen Maßen von seinen Exporten abhängig. Und die EU ist der wichtigste Außenhandelspartner des Landes. Hinzu kommt, dass China etwa ein Viertel seiner gigantischen Devisenreserven von umgerechnet insgesamt 2,7 Billionen Dollar in Euro angelegt hat. Schwächelt der Euro, hat China Wertverluste zu beklagen. „Die Eurokrise ist noch nicht überstanden. Kaum jemand würde sich wundern, wenn Portugal als nächster Dominostein fällt. Und früher oder später treffen die Euroschwankungen auch China“, kommentiert das chinesische Magazin „Century Weekly“. Auch deshalb inszeniert sich China immer häufiger als Retter angeschlagener Euroländer. „Wir werden sehr eng mit der EU und Griechenland zusammenarbeiten, um diese Jahrhundertkrise zu überwinden“, erklärte Premierminister Wen Jiabao Anfang Oktober bei seinem Besuch in Athen. Einen Kredit über 3,6 Milliarden Euro und den Kauf von Staatsanleihen sagte Chinas Führung der Regierung in Athen zu. Auch andere Euroländer in Not bekommen Finanzspritzen aus Peking oder können auf diese hoffen. Ob Portugal, Spanien, Italien oder Irland – das angeschlagene Europa kann mit Unterstützung aus China rechnen.
Doch dessen Hilfestellung ist bei weitem kein reiner Freundschaftsdienst. Neben der Wertsicherung der eigenen Devisenreserven verfolgt die Volksrepublik mit ihrem Engagement in Europa noch ganz andere Ziele. Abgesehen davon, dass man sich ein ordentliches Geschäft mit den europäischen Staatsanleihen verspricht – es geht vor allem darum, an Einfluss in Europa zu gewinnen. Je mehr einzelne Euroländer bei der Volksrepublik in der Kreide stehen, desto schwerer fällt den westlichen Regierungschefs die Kritik an China, wenn es um politische Themen geht. So dürfte das chinesische Kalkül aussehen. Offen aussprechen möchte das in Peking aber niemand. Das offizielle China hebt lieber Gemeinsamkeiten und wirtschaftliche Kooperationen hervor. Doch in Zeiten einer geschwächten EU könnte die Volksrepublik ihren wachsenden Einfluss nutzen, um bei strittigen Themen Druck auszuüben. Und von denen gibt es genug. „China erhöht das Tempo, um seine Industrie von Billigwaren auf hochwertige Produkte umzustellen. Das wird in der Zukunft noch zu Handelsstreitigkeiten mit anderen Ländern führen, die solche Produkte herstellen“, erklärte Zhang Yuyan, Analyst des Instituts für Weltwirtschaft und Politik an der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, vor Kurzem gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.
Steigender Einfluss könnte auch von Nöten sein, um eine Anerkennung des marktwirtschaftlichen Status der Volksrepublik zu erreichen. Dieser würde die chinesische Seite vor Anti-Dumping-Verfahren schützen, doch die EU zögert. Bei ihrem Chinabesuch im Juli hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zwar auf lange Sicht ihre Unterstützung angeboten. Doch gerade mit Blick auf den Schutz von geistigem Eigentum überwiegt in der EU bisher die Meinung, dass die Volksrepublik die Kriterien für den Status einer Marktwirtschaft noch nicht erfüllt. Chinesische Kommentatoren zeigen sich enttäuscht. „Wenn es dabei bleibt, wird das zweifellos die Exporte Chinas in die EU, aber auch die Wirtschaftsbeziehungen der EU mit anderen Ländern beeinflussen“, heißt es in der „China Daily European Weekly“, einem Ableger der staatlichen Zeitung „China Daily“. Doch mit dem wachsenden Einfluss auf krisengeschüttelte Mitgliedsstaaten der EU, steigen Pekings Chancen auch in diesem Punkt voranzukommen.
(c) hao.de
sergiohh - 17. Dez, 04:13