Montag, 28. Februar 2011

China träumt sich grün

China will grüner werden. Dafür setzt die kommunistische Führung des Landes auf Erneuerbare Energien. Der neue Fünfjahresplan soll die endgültige Wende zum nachhaltigen Wirtschaften bringen. Doch in Wahrheit ist man davon noch weit entfernt.

Viel wurde in den letzten Monaten über den zwölften Fünfjahresplan spekuliert, mit dem Chinas Führung ihre politischen Richtlinien festlegt. Ende nächster Woche beginnt nun der jährliche Nationale Volkskongress, offiziell Chinas höchstes Staatsorgan, auf dem etwa 3 000 Delegierte die Arbeit der Regierung absegnen. Dann wird auch der neue Fünfjahresplan veröffentlicht, von dem bisher nur einige Eckdaten bekannt sind. Doch Chinas Führung hat kaum einen Zweifel daran gelassen, dass die Förderung von neuen Umwelttechniken und Erneuerbaren Energien ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Mehrfach hat Premierminister Wen Jiabao in den letzten Monaten hervorgehoben, dass man ein ausgewogeneres und nachhaltigeres Wachstum anstrebe. Dafür will Chinas Führung in den nächsten fünf Jahren 300 Milliarden Dollar jährlich in Schlüsselindustrien wie Erneuerbare Energien und Informationstechnik investieren. Weg von der Produktion billiger Massenware, hin zur Fertigung von Spitzentechnologie. So soll bald auch umweltschonender produziert werden.

Schon mit dem letzten Fünfjahresplan, also seit 2006, hat China zumindest auf dem Papier begonnen, die energiepolitische Wende einzuläuten. Doch die Umweltvisionen der Zentralregierung verbreiten sich nur langsam in die Provinzen des Landes. Gerade auf regionaler und lokaler Ebene fehlt es den Parteifunktionären an Verständnis für Umweltbelange – die weitverbreitete Korruption tut ihr Übriges. „Besonders für die Provinzregierungen zählt häufig noch immer nur das Wirtschaftswachstum, das man um jeden Preis steigern möchte“, sagt Li Ang, Expertin für Energiepolitik von Greenpeace China in Peking. „China muss seine energieintensive Produktionsweise endlich überwinden und die Strukturen für einen schonenden Umgang mit seinen Ressourcen schaffen“, so Li.

Doch noch ist China größter Verursacher der globalen Erwärmung. Das Wirtschaftswachstum des Landes stützt sich weiterhin auf den Energieträger Kohle. 70 Prozent der verbrauchten Energie stammen aus Kohlekraftwerken. Allerdings glaubt Li Ang von Greenpeace, dass sich in der Regierung langsam die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass man sich nicht mehr allein auf fossile Brennstoffe verlassen kann. Denn die umweltbelastende Produktionsweise wird immer deutlicher zum Problem. Nur noch knapp die Hälfte des Wassers in den Seen und Flüssen der Volksrepublik ist laut offiziellen Angaben trinkbar. Ein Viertel soll sogar zu dreckig zur industriellen Nutzung sein. In der Nähe von Minen für den Abbau von Seltenen Erden, wie in der kleinen Stadt Beitou in der ostchinesischen Provinz Jiangxi, sind ganze Seen nur noch giftige Kloaken. „Früher haben wir das Wasser aus den Flüssen getrunken. Aber jetzt können noch nicht einmal Fische oder Garnelen darin überleben“, erzählt Liu Shengyuan, der in Beitou lebt. Um Seltene Erden beim Abbau zu lösen, werden giftige Chemikalien verwendet, die dann ins Erdreich gelangen und die umliegende Natur verseuchen. Umweltauflagen sind häufig nicht streng genug oder werden nicht eingehalten. Erst Anfang Januar erlitten mehr als 200 Kinder im Osten Chinas Bleivergiftungen, für die eine illegale Batteriefabrik verantwortlich gemacht wurde. Und die Luftverschmutzung in zahlreichen Millionenstädten ist, auch aufgrund steigender Kraftfahrzeugzahlen, häufig gesundheitsschädlich. Während die Folgen der Umweltzerstörung für die Bevölkerung unübersehbar sind, wird das chinesische Wirtschaftswachstum weniger auffällig von dem zerstörerischen Treiben beeinflusst. Eine von der Regierung in Auftrag gegebene Studie kam vor Kurzem zu dem Ergebnis, dass die Verunreinigung der Natur 2008 Folgekosten von umgerechnet circa 156 Milliarden Euro verursacht habe. Eine andere Studie, an der auch Greenpeace beteiligt war, errechnete einen mehr als doppelt so hohen Schaden.

Schon deshalb versucht die Regierung dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Neben China investiert nur Deutschland, berechnet nach seiner Wirtschaftskraft, noch etwas mehr in saubere Energieträger. Der Energieverbrauch gemessen an der Wirtschaftsleistung hat sich seit 1980 um etwa 60 Prozent verringert. Chinas Regierung will die Energieeffizienz bis 2020 um mindestens 40 Prozent gegenüber den Werten von 2005 verbessern. Eine Verdoppelung des Anteils der Erneuerbaren Energien auf 15 Prozent gehört ebenfalls zu diesen Zielen. Wobei Peking auch Atomenergie und umstrittene Wasserkraftwerke mit einrechnet. Doch trotz der Bemühungen reduziert China den Ausstoß seiner Treibhausgase nicht, sondern bremst nur ihren gewaltigen Anstieg.

Auch wenn sich Chinas Führung mit dem neuen Fünfjahresplan hohe Ziele setzen wird, bei der Entwicklung des Sektors für Erneuerbare Energien schon jetzt beeindruckende Statistiken vorweisen kann – kaum ein Umweltexperte erwartet, dass China seine Abhängigkeit von der Kohle in näherer Zukunft überwinden kann. „Kohle wird für die nächsten Jahrzehnte die wichtigste Energiequelle des Landes bleiben, auch wenn ihr Anteil am Energiemix schrittweise verringert wird“, sagte Yang Fuqiang, Klimaexperte des World Wildlife Fund (WWF) gegenüber der „South China Morning Post“. Und Chinas rasantes Wachstum heizt den Energiehunger weiter an. Seinen traurigen Titel als weltweit größter Kohleverbraucher wird China so vorerst weiter behalten.

(c) hao.de

Sicherheitsbehörden verhindern Proteste in China

Mit einem Großaufgebot der Polizei unterbinden chinesische Behörden die zaghaften Ansätze einer Protestbewegung nach arabischem Vorbild. Beim Versuch über die Proteste zu berichten, werden auch deutsche Journalisten verhaftet.

Ein junger Mann tritt aus der Tür einer Einkaufspassage, die direkt auf die berühmte Straße Wangfujing im Zentrum Pekings führt. Der Mann hat seine Mütze ins Gesicht gezogen und schaut auf den Boden. Er versucht, sich möglichst unauffällig zu bewegen. Doch kaum hat er einen Schritt auf die Straße gemacht, kommen drei Polizisten auf ihn zu und führen ihn ab. Der Mann ist den Sicherheitsbehörden offenbar bekannt. Sein Ziel dürfte ein Schnellrestaurant in der Wangfujing gewesen sein. Dort sollen sich die Menschen laut einem anonymen Internetaufruf nun jede Woche treffen, um gegen die chinesische Regierung zu protestieren. Doch offensichtlich hat sich die Polizei in Peking diesmal noch akribischer auf eine mögliche Demonstration vorbereitet als nach dem ersten Onlineaufruf zu „Jasmin-Protesten“. Noch am letzten Sonntag hatte sich an dem Schnellrestaurant eine Menschenansammlung aus Demonstranten, Schaulustigen, Polizisten in Zivil und ausländischen Journalisten gebildet. Doch diesmal konnten die Sicherheitsbehörden in Peking einen erneuten Menschenauflauf verhindern. Direkt vor dem Treffpunkt wurde bereits Ende der Woche eine Baustelle eingerichtet, die große Menschenansammlungen unmöglich macht – wohl kaum ein Zufall. Sicherheitskräfte versuchten Menschen daran zu hindern, sich dem Schnellrestaurant zu nähern. Neben einem Großaufgebot an uniformierter Polizei patrouillierten zahlreiche Mitglieder der Staatssicherheit in Zivil in der Einkaufsstraße. Passanten wurden zum Weitergehen aufforderten. Menschen mit Fotokameras wurden gestoppt und ihre Personalausweise überprüft. Wie schon vor einer Woche kam es auch diesmal zu Verhaftungen, obwohl es keine Anzeichen für einen offenen Protest gab. Auch in Shanghai unterdrückte die Polizei eine geplante Demonstration mit einem massiven Einsatz. Allerdings benötigten die Sicherheitskräfte rund eine Stunde, um etwa 200 Menschen vom zentralen Platz des Volkes in Shanghai zu vertreiben.

Ganz offenbar fürchtet Chinas Führung auch kritische Berichte ausländischer Medien. In Peking wurden zahlreiche Medienvertreter, die über die Protestaktion berichten wollten, von Sicherheitsbeamten vertrieben. Mindestens zwei Journalisten wurden verletzt. Mehr als ein Dutzend Journalisten, Fotografen und Kameramänner wurde für mehrere Stunden in Polizeigewahrsam genommen. Darunter deutsche Kamerateams der ARD und des ZDF. Die China-Korrespondentin der ARD Christine Adelhardt wurde mit ihrem Kamerateam von etwa 15 Männern in Zivil mit Gewalt von der Straße in eine Bankfiliale gedrängt. Später wurde das Fernsehteam mit einem Mannschaftswagen der Polizei abtransportiert und kam erst nach fünf Stunden in Haft frei. Die Polizei habe ihr vorgeworfen, keine Drehgenehmigung für die Einkaufsmeile Wangfujing besessen zu haben. „Uns wurde gesagt, es gebe neue Vorschriften, dass an bestimmten Orten nicht ohne Genehmigung gedreht werden dürfe“, sagte Adelhardt. Sie habe sich schriftlich entschuldigen müssen, bevor sie frei gelassen wurden. Ihr ZDF-Kollege Johannes Hano und seine Team durften erst am späten Sonntagabend gehen. Zwar waren ausländische Korrespondenten am Freitag mit Blick auf die geplanten Proteste noch ausdrücklich aufgefordert worden, sich an chinesische Gesetze zu halten, doch waren keine neuen Vorschriften genannt worden.

Auch wenn in China derzeit nicht mit ähnlichen Volksaufständen wie in Ägypten oder Libyen zu rechnen ist, reagiert die kommunistische Führung äußerst nervös auf auch noch so kleine Anzeichen von Protest. Offenbar im Zusammenhang mit den Demonstrationsaufrufen haben die Behörden ihr Vorgehen gegen chinesische Bürgerrechtler und Aktivisten in den letzten Tagen verschärft. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „Chinese Human Rights Defenders (CHRD)“ wurden mehr als 100 Menschen im ganzen Land verhört, eingeschüchtert und teilweise unter Hausarrest gestellt oder gar verhaftet. „Die ohnehin schon schwierige Situation wird immer schlimmer“, sagte Renee Xia, Direktor von CHRD bereits vor einigen Tagen. Das Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen Menschenrechtsanwälte, Bürgerrechtler und auch Blogger sei noch härter, als bei vergleichbaren Kampagnen wie nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo.

Vor etwa einer Woche wurde der Protestaufruf gegen Chinas Führung das erste Mal auf der ausländischen Webseite „Boxun.com“ veröffentlicht und verbreitete sich dann im Internet. In dem Aufruf beziehen sich die Initiatoren auf die „Jasmin-Revolte“ in Tunesien und die Proteste für mehr Demokratie im arabischen Raum. Allerdings kam es bisher zu keinen größeren Demonstrationen, obwohl auch China mit einigen Problemen zu kämpfen hat. In der Volksrepublik sorgen vor allem steigende Lebensmittel- und Immobilienpreise für Unmut in der Bevölkerung. Chinas Führung hat die rasante Inflation als schwerwiegendes Problem für die angestrebte „harmonische“ Gesellschaft ausgemacht. In einem Online-Chat, den chinesische Medien verbreiteten, zeigte sich Chinas Regierungschef Wen Jiabao besorgt über die Lage im Land. Allerdings ging er dabei nicht auf die aktuellen Protestaufrufe ein. „Wir müssen die rasante Preissteigerungen in Grenzen und die Wohnungspreise auf einem angemessenen Niveau halten“, sagte Wen Jiabao am Sonntag. Gleichzeitig versprach er eine gerechtere Einkommensverteilung und größere Investitionen ins Sozialsystem. Ende kommender Woche beginnt die Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses, auf dem die Regierung auch den zwölften Fünfjahresplan verabschieden will. Dieser umfasst die politischen Richtlinien des Landes. Regierungschef Wen Jiabao versprach in diesem Zusammenhang, dass der neue Fünfjahresplan die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung in den Mittelpunkt stelle.

(c) hao.de

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