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Mit seinem wirtschaftlichen Expansionskurs gewinnt China im Ausland an Einfluss.

Für zwei Milliarden Dollar übernimmt der chinesische Staatskonzern Bluestar den norwegischen Siliziumhersteller Elkem. Solarmodule, Computer oder Mobiltelefone – für die Herstellung solcher Produkte benötigt man Silizium. Vordergründig ist die Übernahme, die zu Beginn der Woche bekannt wurde, nicht mehr als eine kurze Unternehmensnachricht. Doch sie sagt viel darüber aus, wie China weltweit Geschäfte macht. Denn mit der Übernahme sichert sich der chinesische Konzern vor allem europäisches Fachwissen für die heimische Solarindustrie. Doch auch der Blick auf den chinesischen Konzern Bluestar selbst lohnt sich, um zu erkennen, wie stark China sich im Ausland wirtschaftlich engagiert. Der Konzern ist fest in staatlicher Hand, lediglich der US-Finanzinvestor Blackstone hält einen kleinen Anteil. An Blackstone wiederum ist China beteiligt. Dass chinesische Investoren weltweit vertreten sind, überrascht mittlerweile kaum jemanden mehr. Doch der Expansionskurs beeindruckt vor allem den Westen. Während dieser noch immer mit den Auswirkungen der Finanzkrise zu kämpfen hat, ist China deutlich besser durch die diese gekommen. 2010 vermutlich zur weltweit zweitgrößten Wirtschaftsmacht nach den USA herangewachsen, hat die Volksrepublik deutlich an Selbstbewusstsein und finanzieller Schlagkraft gewonnen. Mit großer Selbstverständlichkeit kaufen chinesische Konzerne, gestützt von staatlicher Seite, westliche Unternehmen. Ein prominenteres Beispiel - im März 2010 übernahm der chinesische Geely-Konzern den schwedischen Autobauer Volvo, verschafft sich so Zugang zu neuester Technologie und europäischen Märkten.

Immer selbstbewusster treten China und dessen Unternehmen auf. Dieses Selbstbewusstsein stützt sich auch auf die riesigen Devisenreserven, die das Land angehäuft hat. Am Dienstag verkündete die Zentralbank in Peking, dass die Reserven im vergangenen Jahr um 18,7 Prozent auf 2,85 Billionen US-Dollar (rund 2,2 Billionen Euro) gestiegen seien. Auf zehn Prozent wird das Wirtschaftswachstum für 2010 geschätzt, erreicht damit Höhen von denen man in die USA und Europa nur träumt. Aus dieser starken Position heraus kauft sich China schon seit Längerem im Westen ein, besitzt Anteile an US-Großbanken wie Fannie Mae und Freddie Mac, der Barclays Bank oder eben dem Finanzinvestor Blackstone. Spätestens in der weltweiten Finanzkrise, die 2008 ihren Anfang in den USA hatte, beginnt China sein Image als Retter in der Not zu etablieren.

Und Peking wird immer mehr zum Geldgeber eines strauchelnden Westens. Auch in der aktuellen Eurokrise, springt China ein. Ob Griechenland, Portugal, Italien oder Irland. Die chinesische Führung vergibt großzügig Kredite und kauft sich über Staatsanleihen in Europa ein. Erst Anfang Januar kündigte man an, weitere spanische Anleihen kaufen zu wollen. „Wir sind ein zuverlässiger und langfristiger Investor und setzen deshalb auf den Finanzplatz Spanien“, erklärte der chinesische Vize-Premierminister Li Keqiang in Madrid. Li kündigte außerdem an, mehr europäische Staatsanleihen kaufen zu wollen. Die Gründe für Chinas Hilfeleistungen sind vielfältig, aber keinesfalls selbstlos. Denn noch ist man in hohen Maßen von den Exporten abhängig, die EU der wichtigste Außenhandelspartner des Landes. Hinzu kommt, dass China etwa ein Viertel seiner Devisenreserven in Euro angelegt hat. Deshalb, und weil man sich langfristig ein gutes Geschäft mit den europäischen Staatsanleihen verspricht, stützt China den Euro. Daneben hofft die Führung in Peking mit ihrem wirtschaftlichen Engagement auch politischen Einfluss innerhalb der EU zu gewinnen. So will man eigene Interessen durchsetzen. Dabei mehren sich seit Längerem die Stimmen, die den wachsenden Einfluss Chinas in der EU kritisieren. Ende 2010 hatte sich EU-Kommissar Karel De Gucht über die Einflussnahme Pekings beschwert. Die EU-Kommission sah schon damals mit Sorge, wie Chinas Führung Druck auf Mitgliedstaaten ausübte, damit sie gegen Strafzölle auf chinesische Dumpingware stimmen.

Doch die chinesische Führung und ihre Staatsunternehmen haben den Blick nicht nur nach Westen gerichtet. Außer bei benachbarten Handelspartnern in Asien, kann Chinas Expansionskurs am Besten in Afrika beobachtet werden. Zwischen 2000 und 2008 hat sich das Handelsvolumen zwischen China und Afrika von 10,6 auf 106,8 Milliarden US-Dollar verzehnfacht. Seit 2010 ist die Volksrepublik wichtigster Handelspartner des afrikanischen Kontinents, verfolgt vor allem ein Ziel. „Natürlich geht es um Rohstoffe“ sagt der Experte David Engelhardt vom Institut für Afrikanistik der Universität Leipzig. Auch der Handel mit Maschinen, Textilien und Transportgütern sei bedeutend. China investiert massiv in den Kontinent, verwirklicht prestigeträchtige Infrastrukturprojekte und verschafft sich so Zugang zum afrikanischen Markt. Straßenprojekte in Kenia, Flughafenausbau in Algier oder der Merowe-Staudamm im Sudan – China leistet Aufbauhilfe. Ob es dabei Simbabwes Autokraten Robert Mugabe unterstützt oder den sudanesischen Präsidenten Omar al Baschir, der für Kriegsverbrechen in der Region Darfur verantwortlich gemacht wird, China kümmert sich nicht um den Leumund seiner Geschäftspartner. Als „selbstlose Hilfe“ bezeichnete Kenias Präsident Kibaki Chinas Engagement für sein Land einst. Doch Afrika soll vor allem Chinas Energiehunger stillen, um das chinesische Wachstum anzuheizen. Doch das Engagement nützt nicht nur den Chinesen. „Viele afrikanischen Länder bestätigen, dass durch das chinesische Engagement eine neue Wirtschaftsdynamik entstanden ist“, sagt Margot Schüller vom GIGA Institut für Asien-Studien. Die wachsende Nachfrage Chinas nach Energie und Rohstoffen habe die Preise erhöht, die Einkommenschancen der Länder verbessert. Völlig reibungslos wirtschaften chinesischen Unternehmen in Afrika allerdings nicht. Zumindest in der Bevölkerung sind chinesische Arbeitgeber häufig unbeliebt, weil sie nicht selten unter miserablen Bedingungen und zu Hungerlöhnen produzieren lassen. Auch anderswo hat die Volksrepublik ein Imageproblem. Denn viele Staaten mögen zwar von Chinas globaler Expansion profitieren, doch die aufstrebende Wirtschaftsmacht aus China wird vor allem im Westen immer häufiger als Konkurrent gefürchtet. Zur gewaltig ist dessen Wirtschaftskraft, zu selbstbewusst treten Chinas Führer auf, um diese nicht ernst zu nehmen.

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