Erst einschüchtern, dann leugnen /Update
Chinas Sicherheitsbehörden setzen ausländische Journalisten unter Druck, um eine kritische Berichterstattung zu verhindern.
Tunesien, Ägypten und bald wohl auch Libyen – der Untergang arabischer Machthaber hält auch die kommunistische Regierung in Peking in Atem. Dabei sind die Aufstände in Nordafrika nicht nur geografisch ganz weit weg. Doch einmal mehr spielt das Internet eine entscheidende Rolle, schafft eine Verbindung zwischen diesen beiden unterschiedlichen Welten. Inspiriert vom Aufbruch in der arabischen Welt, verbreiten sich nun regelmäßig anonyme Aufrufe zu „Jasmin-Protesten“ in China im Internet. Zu größeren Demonstrationen ist es daraufhin noch nicht gekommen. Und dennoch reagiert das chinesische Regime bis auf das Äußerste gereizt. Vielleicht ist es gerade das nicht Greifbare dieser virtuellen Revolution, das die Führung in Peking so nervös macht. Mit aller Macht gehen die Behörden gegen Regimegegner und Bürgerrechtsaktivisten vor.
Doch mittlerweile rücken auch ausländische Journalisten in den Fokus der Sicherheitsbehörden, die polizeistattliche Methoden gegen Journalisten anwenden. Christine Adelhart, China-Korrespondentin der ARD, hat in der letzten Woche einige der gängigsten Vorgehensweisen kennengelernt, mit denen die Sicherheitsbehörden versuchen, eine kritische Berichterstattung zu verhindern. Fast den ganzen Tag wurde sie am Samstag von Mitarbeitern der Staatssicherheit beschattet. „Die Männer sind mir nicht nur gefolgt, sondern haben sich auch vorab an verschiedenen Orten platziert. Ich konnte beobachten, wie sie sich per Handy untereinander abstimmten“, sagt Christine Adelhardt. Sie ist sich sicher, dass die Sicherheitskräfte absichtlich auffällig agiert haben, gesehen werden wollten. „Diese Art der offenen Überwachung ist ein klarer Versuch der chinesischen Behörden, uns einzuschüchtern“, so Adelhardt. Zusätzlich erhielten einige ihrer Mitarbeiter Drohanrufe. Weitere deutsche Journalisten wurden am Wochenende verfolgt und bekamen Besuch von chinesischen Beamten. Diese belehrten mehrere Korrespondenten, sich an die Gesetze zu halten. Andere ausländischen Medien, darunter der Nachrichtensender CNN, Bloomberg News oder die New York Times berichten von einem ähnlichen Vorgehen der Sicherheitsbehörden.
Ein Großaufgebot an Polizeikräften unterdrückte nun schon den dritten Sonntag in Folge mögliche Demonstrationen gegen die Regierung. Auch an diesem Sonntag wurden dabei erneut etwa ein Dutzend ausländische Journalisten vorübergehend festgesetzt. Chinas rigides Vorgehen gegen ausländische Journalisten veranlasste den deutschen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zum zweiten Mal in kürzester Zeit, die chinesische Regierung zu kritisieren. „Die fortgesetzte Behinderung der Arbeit von Journalisten ist nicht akzeptabel und beeinträchtigt das Ansehen der Volksrepublik China in der weltweiten Öffentlichkeit“, erklärte Westerwelle am Sonntag.
Chinas Führung scheint auf ihr Ansehen derzeit allerdings nicht viel zu geben. Das massive Vorgehen der Sicherheitsbehörden hält die chinesische Führung für angemessen. So verteidigte der chinesische Außenminister Yang Jiechi am Montag die verschärfte Kontrolle von Journalisten in China, leugnete gar gewaltsame Übergriffe gegen Reporter. „Es hat keinen Fall gegeben, bei dem chinesische Polizeibeamte ausländische Journalisten geschlagen haben“, sagte Yang auf einer Pressekonferenz anlässlich der Tagung des Volkskongresses in Peking. Dabei waren vor rund einer Woche in der Straße Wangfujing im Zentrum Pekings drei Journalisten bei einem Polizeieinsatz verletzt worden. Ein Reporter von Bloomberg erlitt durch wiederholte Tritte ins Gesicht sogar schwere Verletzungen. Sicherheitskräfte in Uniform und Zivil gingen rabiat gegen ausländische Journalisten vor. Mehrere Journalisten wurden stundenlang von der Polizei festgehalten. Darunter auch ARD-Korrespondentin Christine Adelhardt, die mit ihrem Kamerateam von mehreren Männern in Zivil mit Gewalt von der Straße in eine Bankfiliale gedrängt und später mit einem Mannschaftswagen der Polizei abtransportiert wurde.
Wie Dutzende andere Journalisten wurde die ARD-Korrespondentin in der vergangene Woche von der Polizei angewiesen, künftig vor der Berichterstattung jeweils die Genehmigung örtlicher Stellen einzuholen. Damit sind ausländische Journalisten der Willkür örtlicher Behörden ausgeliefert, die bei kritischen Themen jederzeit die Berichterstattung vor Ort verbieten können. Außerdem ist es nicht immer möglich, die jeweils richtige Behörde herauszufinden - zumal in China häufig mehr als eine zuständig ist. Reporter müssen so bei jedem Einsatz befürchten, gegen das Gesetz zu verstoßen. Bereits im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die „Jasmin-Proteste“ wurde zahlreichen China-Korrespondenten mit Haft und Ausweisung gedroht.
In Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking hatte China die Vorschriften für die Berichterstattung ursprünglich gelockert. Journalisten, die eine Organisation oder eine Person interviewen wollten, benötigten seitdem lediglich deren Einverständnis. Ein Zugeständnis, dass die Behörden vorerst wieder zurückgenommen haben. Im Angesicht der Diktatorendämmerung in der arabischen Welt, fürchtet das Regime in Peking offenbar einen Kontrollverlust. Mit seinen Versuchen, ausländische Journalisten einzuschüchtern, produziert das von wirtschaftlichen Erfolgen verwöhnte China allerdings von ganz alleine negative Schlagzeilen.
(c) hao.de
Tunesien, Ägypten und bald wohl auch Libyen – der Untergang arabischer Machthaber hält auch die kommunistische Regierung in Peking in Atem. Dabei sind die Aufstände in Nordafrika nicht nur geografisch ganz weit weg. Doch einmal mehr spielt das Internet eine entscheidende Rolle, schafft eine Verbindung zwischen diesen beiden unterschiedlichen Welten. Inspiriert vom Aufbruch in der arabischen Welt, verbreiten sich nun regelmäßig anonyme Aufrufe zu „Jasmin-Protesten“ in China im Internet. Zu größeren Demonstrationen ist es daraufhin noch nicht gekommen. Und dennoch reagiert das chinesische Regime bis auf das Äußerste gereizt. Vielleicht ist es gerade das nicht Greifbare dieser virtuellen Revolution, das die Führung in Peking so nervös macht. Mit aller Macht gehen die Behörden gegen Regimegegner und Bürgerrechtsaktivisten vor.
Doch mittlerweile rücken auch ausländische Journalisten in den Fokus der Sicherheitsbehörden, die polizeistattliche Methoden gegen Journalisten anwenden. Christine Adelhart, China-Korrespondentin der ARD, hat in der letzten Woche einige der gängigsten Vorgehensweisen kennengelernt, mit denen die Sicherheitsbehörden versuchen, eine kritische Berichterstattung zu verhindern. Fast den ganzen Tag wurde sie am Samstag von Mitarbeitern der Staatssicherheit beschattet. „Die Männer sind mir nicht nur gefolgt, sondern haben sich auch vorab an verschiedenen Orten platziert. Ich konnte beobachten, wie sie sich per Handy untereinander abstimmten“, sagt Christine Adelhardt. Sie ist sich sicher, dass die Sicherheitskräfte absichtlich auffällig agiert haben, gesehen werden wollten. „Diese Art der offenen Überwachung ist ein klarer Versuch der chinesischen Behörden, uns einzuschüchtern“, so Adelhardt. Zusätzlich erhielten einige ihrer Mitarbeiter Drohanrufe. Weitere deutsche Journalisten wurden am Wochenende verfolgt und bekamen Besuch von chinesischen Beamten. Diese belehrten mehrere Korrespondenten, sich an die Gesetze zu halten. Andere ausländischen Medien, darunter der Nachrichtensender CNN, Bloomberg News oder die New York Times berichten von einem ähnlichen Vorgehen der Sicherheitsbehörden.
Ein Großaufgebot an Polizeikräften unterdrückte nun schon den dritten Sonntag in Folge mögliche Demonstrationen gegen die Regierung. Auch an diesem Sonntag wurden dabei erneut etwa ein Dutzend ausländische Journalisten vorübergehend festgesetzt. Chinas rigides Vorgehen gegen ausländische Journalisten veranlasste den deutschen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zum zweiten Mal in kürzester Zeit, die chinesische Regierung zu kritisieren. „Die fortgesetzte Behinderung der Arbeit von Journalisten ist nicht akzeptabel und beeinträchtigt das Ansehen der Volksrepublik China in der weltweiten Öffentlichkeit“, erklärte Westerwelle am Sonntag.
Chinas Führung scheint auf ihr Ansehen derzeit allerdings nicht viel zu geben. Das massive Vorgehen der Sicherheitsbehörden hält die chinesische Führung für angemessen. So verteidigte der chinesische Außenminister Yang Jiechi am Montag die verschärfte Kontrolle von Journalisten in China, leugnete gar gewaltsame Übergriffe gegen Reporter. „Es hat keinen Fall gegeben, bei dem chinesische Polizeibeamte ausländische Journalisten geschlagen haben“, sagte Yang auf einer Pressekonferenz anlässlich der Tagung des Volkskongresses in Peking. Dabei waren vor rund einer Woche in der Straße Wangfujing im Zentrum Pekings drei Journalisten bei einem Polizeieinsatz verletzt worden. Ein Reporter von Bloomberg erlitt durch wiederholte Tritte ins Gesicht sogar schwere Verletzungen. Sicherheitskräfte in Uniform und Zivil gingen rabiat gegen ausländische Journalisten vor. Mehrere Journalisten wurden stundenlang von der Polizei festgehalten. Darunter auch ARD-Korrespondentin Christine Adelhardt, die mit ihrem Kamerateam von mehreren Männern in Zivil mit Gewalt von der Straße in eine Bankfiliale gedrängt und später mit einem Mannschaftswagen der Polizei abtransportiert wurde.
Wie Dutzende andere Journalisten wurde die ARD-Korrespondentin in der vergangene Woche von der Polizei angewiesen, künftig vor der Berichterstattung jeweils die Genehmigung örtlicher Stellen einzuholen. Damit sind ausländische Journalisten der Willkür örtlicher Behörden ausgeliefert, die bei kritischen Themen jederzeit die Berichterstattung vor Ort verbieten können. Außerdem ist es nicht immer möglich, die jeweils richtige Behörde herauszufinden - zumal in China häufig mehr als eine zuständig ist. Reporter müssen so bei jedem Einsatz befürchten, gegen das Gesetz zu verstoßen. Bereits im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die „Jasmin-Proteste“ wurde zahlreichen China-Korrespondenten mit Haft und Ausweisung gedroht.
In Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking hatte China die Vorschriften für die Berichterstattung ursprünglich gelockert. Journalisten, die eine Organisation oder eine Person interviewen wollten, benötigten seitdem lediglich deren Einverständnis. Ein Zugeständnis, dass die Behörden vorerst wieder zurückgenommen haben. Im Angesicht der Diktatorendämmerung in der arabischen Welt, fürchtet das Regime in Peking offenbar einen Kontrollverlust. Mit seinen Versuchen, ausländische Journalisten einzuschüchtern, produziert das von wirtschaftlichen Erfolgen verwöhnte China allerdings von ganz alleine negative Schlagzeilen.
(c) hao.de
sergiohh - 9. Mär, 04:00