Sicherheitsbehörden verhindern Proteste in China
Mit einem Großaufgebot der Polizei unterbinden chinesische Behörden die zaghaften Ansätze einer Protestbewegung nach arabischem Vorbild. Beim Versuch über die Proteste zu berichten, werden auch deutsche Journalisten verhaftet.
Ein junger Mann tritt aus der Tür einer Einkaufspassage, die direkt auf die berühmte Straße Wangfujing im Zentrum Pekings führt. Der Mann hat seine Mütze ins Gesicht gezogen und schaut auf den Boden. Er versucht, sich möglichst unauffällig zu bewegen. Doch kaum hat er einen Schritt auf die Straße gemacht, kommen drei Polizisten auf ihn zu und führen ihn ab. Der Mann ist den Sicherheitsbehörden offenbar bekannt. Sein Ziel dürfte ein Schnellrestaurant in der Wangfujing gewesen sein. Dort sollen sich die Menschen laut einem anonymen Internetaufruf nun jede Woche treffen, um gegen die chinesische Regierung zu protestieren. Doch offensichtlich hat sich die Polizei in Peking diesmal noch akribischer auf eine mögliche Demonstration vorbereitet als nach dem ersten Onlineaufruf zu „Jasmin-Protesten“. Noch am letzten Sonntag hatte sich an dem Schnellrestaurant eine Menschenansammlung aus Demonstranten, Schaulustigen, Polizisten in Zivil und ausländischen Journalisten gebildet. Doch diesmal konnten die Sicherheitsbehörden in Peking einen erneuten Menschenauflauf verhindern. Direkt vor dem Treffpunkt wurde bereits Ende der Woche eine Baustelle eingerichtet, die große Menschenansammlungen unmöglich macht – wohl kaum ein Zufall. Sicherheitskräfte versuchten Menschen daran zu hindern, sich dem Schnellrestaurant zu nähern. Neben einem Großaufgebot an uniformierter Polizei patrouillierten zahlreiche Mitglieder der Staatssicherheit in Zivil in der Einkaufsstraße. Passanten wurden zum Weitergehen aufforderten. Menschen mit Fotokameras wurden gestoppt und ihre Personalausweise überprüft. Wie schon vor einer Woche kam es auch diesmal zu Verhaftungen, obwohl es keine Anzeichen für einen offenen Protest gab. Auch in Shanghai unterdrückte die Polizei eine geplante Demonstration mit einem massiven Einsatz. Allerdings benötigten die Sicherheitskräfte rund eine Stunde, um etwa 200 Menschen vom zentralen Platz des Volkes in Shanghai zu vertreiben.
Ganz offenbar fürchtet Chinas Führung auch kritische Berichte ausländischer Medien. In Peking wurden zahlreiche Medienvertreter, die über die Protestaktion berichten wollten, von Sicherheitsbeamten vertrieben. Mindestens zwei Journalisten wurden verletzt. Mehr als ein Dutzend Journalisten, Fotografen und Kameramänner wurde für mehrere Stunden in Polizeigewahrsam genommen. Darunter deutsche Kamerateams der ARD und des ZDF. Die China-Korrespondentin der ARD Christine Adelhardt wurde mit ihrem Kamerateam von etwa 15 Männern in Zivil mit Gewalt von der Straße in eine Bankfiliale gedrängt. Später wurde das Fernsehteam mit einem Mannschaftswagen der Polizei abtransportiert und kam erst nach fünf Stunden in Haft frei. Die Polizei habe ihr vorgeworfen, keine Drehgenehmigung für die Einkaufsmeile Wangfujing besessen zu haben. „Uns wurde gesagt, es gebe neue Vorschriften, dass an bestimmten Orten nicht ohne Genehmigung gedreht werden dürfe“, sagte Adelhardt. Sie habe sich schriftlich entschuldigen müssen, bevor sie frei gelassen wurden. Ihr ZDF-Kollege Johannes Hano und seine Team durften erst am späten Sonntagabend gehen. Zwar waren ausländische Korrespondenten am Freitag mit Blick auf die geplanten Proteste noch ausdrücklich aufgefordert worden, sich an chinesische Gesetze zu halten, doch waren keine neuen Vorschriften genannt worden.
Auch wenn in China derzeit nicht mit ähnlichen Volksaufständen wie in Ägypten oder Libyen zu rechnen ist, reagiert die kommunistische Führung äußerst nervös auf auch noch so kleine Anzeichen von Protest. Offenbar im Zusammenhang mit den Demonstrationsaufrufen haben die Behörden ihr Vorgehen gegen chinesische Bürgerrechtler und Aktivisten in den letzten Tagen verschärft. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „Chinese Human Rights Defenders (CHRD)“ wurden mehr als 100 Menschen im ganzen Land verhört, eingeschüchtert und teilweise unter Hausarrest gestellt oder gar verhaftet. „Die ohnehin schon schwierige Situation wird immer schlimmer“, sagte Renee Xia, Direktor von CHRD bereits vor einigen Tagen. Das Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen Menschenrechtsanwälte, Bürgerrechtler und auch Blogger sei noch härter, als bei vergleichbaren Kampagnen wie nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo.
Vor etwa einer Woche wurde der Protestaufruf gegen Chinas Führung das erste Mal auf der ausländischen Webseite „Boxun.com“ veröffentlicht und verbreitete sich dann im Internet. In dem Aufruf beziehen sich die Initiatoren auf die „Jasmin-Revolte“ in Tunesien und die Proteste für mehr Demokratie im arabischen Raum. Allerdings kam es bisher zu keinen größeren Demonstrationen, obwohl auch China mit einigen Problemen zu kämpfen hat. In der Volksrepublik sorgen vor allem steigende Lebensmittel- und Immobilienpreise für Unmut in der Bevölkerung. Chinas Führung hat die rasante Inflation als schwerwiegendes Problem für die angestrebte „harmonische“ Gesellschaft ausgemacht. In einem Online-Chat, den chinesische Medien verbreiteten, zeigte sich Chinas Regierungschef Wen Jiabao besorgt über die Lage im Land. Allerdings ging er dabei nicht auf die aktuellen Protestaufrufe ein. „Wir müssen die rasante Preissteigerungen in Grenzen und die Wohnungspreise auf einem angemessenen Niveau halten“, sagte Wen Jiabao am Sonntag. Gleichzeitig versprach er eine gerechtere Einkommensverteilung und größere Investitionen ins Sozialsystem. Ende kommender Woche beginnt die Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses, auf dem die Regierung auch den zwölften Fünfjahresplan verabschieden will. Dieser umfasst die politischen Richtlinien des Landes. Regierungschef Wen Jiabao versprach in diesem Zusammenhang, dass der neue Fünfjahresplan die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung in den Mittelpunkt stelle.
(c) hao.de
Ein junger Mann tritt aus der Tür einer Einkaufspassage, die direkt auf die berühmte Straße Wangfujing im Zentrum Pekings führt. Der Mann hat seine Mütze ins Gesicht gezogen und schaut auf den Boden. Er versucht, sich möglichst unauffällig zu bewegen. Doch kaum hat er einen Schritt auf die Straße gemacht, kommen drei Polizisten auf ihn zu und führen ihn ab. Der Mann ist den Sicherheitsbehörden offenbar bekannt. Sein Ziel dürfte ein Schnellrestaurant in der Wangfujing gewesen sein. Dort sollen sich die Menschen laut einem anonymen Internetaufruf nun jede Woche treffen, um gegen die chinesische Regierung zu protestieren. Doch offensichtlich hat sich die Polizei in Peking diesmal noch akribischer auf eine mögliche Demonstration vorbereitet als nach dem ersten Onlineaufruf zu „Jasmin-Protesten“. Noch am letzten Sonntag hatte sich an dem Schnellrestaurant eine Menschenansammlung aus Demonstranten, Schaulustigen, Polizisten in Zivil und ausländischen Journalisten gebildet. Doch diesmal konnten die Sicherheitsbehörden in Peking einen erneuten Menschenauflauf verhindern. Direkt vor dem Treffpunkt wurde bereits Ende der Woche eine Baustelle eingerichtet, die große Menschenansammlungen unmöglich macht – wohl kaum ein Zufall. Sicherheitskräfte versuchten Menschen daran zu hindern, sich dem Schnellrestaurant zu nähern. Neben einem Großaufgebot an uniformierter Polizei patrouillierten zahlreiche Mitglieder der Staatssicherheit in Zivil in der Einkaufsstraße. Passanten wurden zum Weitergehen aufforderten. Menschen mit Fotokameras wurden gestoppt und ihre Personalausweise überprüft. Wie schon vor einer Woche kam es auch diesmal zu Verhaftungen, obwohl es keine Anzeichen für einen offenen Protest gab. Auch in Shanghai unterdrückte die Polizei eine geplante Demonstration mit einem massiven Einsatz. Allerdings benötigten die Sicherheitskräfte rund eine Stunde, um etwa 200 Menschen vom zentralen Platz des Volkes in Shanghai zu vertreiben.
Ganz offenbar fürchtet Chinas Führung auch kritische Berichte ausländischer Medien. In Peking wurden zahlreiche Medienvertreter, die über die Protestaktion berichten wollten, von Sicherheitsbeamten vertrieben. Mindestens zwei Journalisten wurden verletzt. Mehr als ein Dutzend Journalisten, Fotografen und Kameramänner wurde für mehrere Stunden in Polizeigewahrsam genommen. Darunter deutsche Kamerateams der ARD und des ZDF. Die China-Korrespondentin der ARD Christine Adelhardt wurde mit ihrem Kamerateam von etwa 15 Männern in Zivil mit Gewalt von der Straße in eine Bankfiliale gedrängt. Später wurde das Fernsehteam mit einem Mannschaftswagen der Polizei abtransportiert und kam erst nach fünf Stunden in Haft frei. Die Polizei habe ihr vorgeworfen, keine Drehgenehmigung für die Einkaufsmeile Wangfujing besessen zu haben. „Uns wurde gesagt, es gebe neue Vorschriften, dass an bestimmten Orten nicht ohne Genehmigung gedreht werden dürfe“, sagte Adelhardt. Sie habe sich schriftlich entschuldigen müssen, bevor sie frei gelassen wurden. Ihr ZDF-Kollege Johannes Hano und seine Team durften erst am späten Sonntagabend gehen. Zwar waren ausländische Korrespondenten am Freitag mit Blick auf die geplanten Proteste noch ausdrücklich aufgefordert worden, sich an chinesische Gesetze zu halten, doch waren keine neuen Vorschriften genannt worden.
Auch wenn in China derzeit nicht mit ähnlichen Volksaufständen wie in Ägypten oder Libyen zu rechnen ist, reagiert die kommunistische Führung äußerst nervös auf auch noch so kleine Anzeichen von Protest. Offenbar im Zusammenhang mit den Demonstrationsaufrufen haben die Behörden ihr Vorgehen gegen chinesische Bürgerrechtler und Aktivisten in den letzten Tagen verschärft. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „Chinese Human Rights Defenders (CHRD)“ wurden mehr als 100 Menschen im ganzen Land verhört, eingeschüchtert und teilweise unter Hausarrest gestellt oder gar verhaftet. „Die ohnehin schon schwierige Situation wird immer schlimmer“, sagte Renee Xia, Direktor von CHRD bereits vor einigen Tagen. Das Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen Menschenrechtsanwälte, Bürgerrechtler und auch Blogger sei noch härter, als bei vergleichbaren Kampagnen wie nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo.
Vor etwa einer Woche wurde der Protestaufruf gegen Chinas Führung das erste Mal auf der ausländischen Webseite „Boxun.com“ veröffentlicht und verbreitete sich dann im Internet. In dem Aufruf beziehen sich die Initiatoren auf die „Jasmin-Revolte“ in Tunesien und die Proteste für mehr Demokratie im arabischen Raum. Allerdings kam es bisher zu keinen größeren Demonstrationen, obwohl auch China mit einigen Problemen zu kämpfen hat. In der Volksrepublik sorgen vor allem steigende Lebensmittel- und Immobilienpreise für Unmut in der Bevölkerung. Chinas Führung hat die rasante Inflation als schwerwiegendes Problem für die angestrebte „harmonische“ Gesellschaft ausgemacht. In einem Online-Chat, den chinesische Medien verbreiteten, zeigte sich Chinas Regierungschef Wen Jiabao besorgt über die Lage im Land. Allerdings ging er dabei nicht auf die aktuellen Protestaufrufe ein. „Wir müssen die rasante Preissteigerungen in Grenzen und die Wohnungspreise auf einem angemessenen Niveau halten“, sagte Wen Jiabao am Sonntag. Gleichzeitig versprach er eine gerechtere Einkommensverteilung und größere Investitionen ins Sozialsystem. Ende kommender Woche beginnt die Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses, auf dem die Regierung auch den zwölften Fünfjahresplan verabschieden will. Dieser umfasst die politischen Richtlinien des Landes. Regierungschef Wen Jiabao versprach in diesem Zusammenhang, dass der neue Fünfjahresplan die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung in den Mittelpunkt stelle.
(c) hao.de
sergiohh - 28. Feb, 06:38