Montag, 5. Juli 2010

Mit Geld und Knute

Ein Jahr nach der Revolte: Chinas Führung versucht Xinjiang zu stabilisieren – doch die Uiguren wollen vor allem Respekt

Es ist nur eine kurze Meldung, doch sie sagt viel über die aktuelle Situation in Xinjiang.
40 000 Überwachungskameras wurden laut chinesischen Medienberichten von Freitag in der Hauptstadt Urumqi installiert. Sie sollen eine Rundumüberwachung von tausenden Bussen, Haltestellen, Straßen, Schulen und Einkaufszentren ermöglichen. Nervös blicken die chinesischen Behörden auf die Region ganz im Nordwesten Chinas. Ein Jahr nach den blutigen Unruhen zwischen Han-Chinesen und Angehörigen der muslimisch-uigurischen Minderheit hat sich die Situation zwar beruhigt. Doch die Lage zwischen den beiden ethnischen Gruppen ist weiterhin angespannt. Die Unruhen im letzten Jahr scheinen das gegenseitige Misstrauen dauerhaft verstärkt zu haben.

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Dienstag, 22. Juni 2010

China kämpft mit den Fluten

Mindestens 175 Menschen starben bislang, Hunderttausende sind obdachlos – und es regnet weiter

Von manchen Häusern sind in den Wassermassen der übergetretenen Flüsse nur noch die Dächer zu sehen. Rettungskräfte bringen Bewohner mit Motorbooten in Sicherheit. Teile von Schnellstraßen wurden einfach weggeschwemmt. Anhaltende Unwetter haben zu verheerenden Überschwemmungen und Erdrutschen im Süden Chinas geführt. In einigen Regionen sind es die schwersten Überschwemmungen seit 50 Jahren, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Die Zahl der Todesopfer der Flutkatastrophe ist weiter gestiegen. Bis Montag starben 175 Menschen in den Wassermassen. Mehr als 100 weitere werden noch vermisst. Das gab das Einsatzzentrum des Verwaltungsministeriums in Peking bekannt. Nach langen Regenfällen waren in zahlreichen Provinzen der Volksrepublik Flüsse über die Ufer getreten und Dämme gebrochen. Über 25 Millionen Menschen in zehn chinesischen Provinzen sind von der Flutkatastrophe betroffen.

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Chinesische Währung: Auf Wechselkurs

Vor dem G-20-Gipfel redet China über ein flexibleres Yuan-Dollar-Verhältnis. So könnte die chinesische Führung vermeiden, dass die Währungsfrage im Mittelpunkt des Treffens steht.

Durchaus überraschend kam die Ankündigung der chinesischen Zentralbank in Peking, die feste Anbindung des Yuan an den US-Dollar aufzuheben. Noch vor wenigen Tagen hatte China seinen bisherigen Kurs in der Währungsfrage verteidigt, sich jede Einmischung von außen verbeten. Seit Mitte 2008 war Chinas Währung praktisch fest bei einem Kurs von 6,8 Yuan an den US-Dollar gebunden. In der letzten Woche warnte der Sprecher des Außenministeriums, Qin Gang, die US-Regierung vor „einer Politisierung der Wechselkursfrage“.

Umso erstaunlicher, dass China sich gerade jetzt im Währungsstreit bewegt und international für positive Reaktionen sorgt. US-Präsident Barack Obama sprach von einem konstruktiven Schritt, der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lobte die Ankündigung als Fortschritt. Chinas Zentralbank begründete den Richtungswechsel mit dem weltweiten Aufschwung und einem soliden chinesischen Wachstum. Doch es scheint vielmehr, als würde die chinesische Seite im Vorfeld des G-20-Gipfels am Wochenende dem internationalen Druck nachgeben. So will sich Peking im Währungsstreit Luft verschaffen und seinen Kritikern zuvorkommen.

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Freitag, 18. Juni 2010

Träume aus Beton

Immobilienbesitz hat in China Tradition. Doch derzeit können nur wenige eine Eigentumswohnung kaufen

Chinas Führung versucht, die explosionsartig gestiegenen Immobilienpreise in den Griff zu bekommen. Noch im vergangenen Jahr hatte Peking den ansonsten streng kontrollierten Immobilienmarkt laufen lassen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Mittlerweile bemüht sich die Regierung aber, den Preisanstieg einzudämmen. Besonders sorgenvoll schaut sie auf den Wohnungsmarkt. Um Spekulationen mit Immobilien einzuschränken, plant die Regierung unter anderem die Einführung einer Grundsteuer, die aber nur Luxusimmobilien und Eigentümer von mehr als einer Wohnung betreffen soll, wie es jüngst in chinesischen Medien hieß.

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Mittwoch, 16. Juni 2010

„Bereit für Geschäfte in allen Bereichen“

Kontinuierlich verstärkt China sein wirtschaftliches Engagement auf dem afrikanischen Kontinent. Die Expo in Schanghai soll dabei helfen, die Beziehungen zu den afrikanischen Staaten weiter zu vertiefen.

26 000 Quadratmeter Afrika in Schanghai – so viel Platz bietet der afrikanische Gemeinschafts-Pavillon auf der Expo 2010. Doch obwohl der Pavillon damit einer der größten auf dem Expo-Gelände ist, wirkt er reichlich unspektakulär. Eine quadratische, funktionale Halle, beklebt mit einer bunten Fotofolie, die eine afrikanische Steppenlandschaft zeigt. Platz für die Präsentation von 42 afrikanischen Staaten muss der Pavillon bieten. Da ist kaum Spielraum für architektonische Zaubereien. Ähnlich unauffällig sind die meisten Ausstellungen. Ein paar Fotos an die Wand geklebt, eine kleine Tafel mit den grundlegenden Landesdaten, viel mehr ist es häufig nicht. Doch sie sind dabei, darum geht es. 50 der 53 afrikanischen Länder sind vertreten, mehr als je zuvor in der Expo-Geschichte. Der Gemeinschaftspavillon, ein Pavillon der Afrikanischen Union und acht Länder mit eigenem Auftritt - der Kontinent ist auf der Weltausstellung äußerst präsent.

China ruft, Afrika kommt. Es ist ein Zeichen für stetig enger werdende Beziehungen. Politisch sichert sich Peking schon seit Jahrzehnten die Unterstützung afrikanischer Entwicklungsländer. Ob bei der Durchsetzung der „Ein-China-Politik“ oder bei Kritik westlicher Länder gegen Chinas Umgang mit Menschenrechten – die chinesische Führung zog die meisten afrikanischen Entwicklungsländer auf seine Seite. Doch mit Chinas neuer Wirtschaftkraft rückt Afrika mehr und mehr auch als Handelspartner in den Mittelpunkt. Verstärkt zeigt China Interesse an afrikanischen Ländern und ihren Führern. Kein Zufall, dass afrikanische Staatsmänner wie der Kenianische Präsident Mwai Kibaki auch an der großen Eröffnungsgala der Expo am 30. April teilnahmen. „Für Kenia sind die Beziehungen zu China von großer Bedeutung. Wir sind bereit unsere Handelsbeziehungen zu vertiefen und unsere Kooperation beim Ausbau unserer Infrastruktur zu vertiefen“, erklärte der Präsident des ostafrikanischen Landes bei seinem Besuch in Schanghai.

Der Besuch des Kenianischen Präsidenten, die Teilnahme des Landes an Chinas Supershow – das Engagement des rund 39 Millionen Einwohner zählenden Landes wird belohnt. Unter anderem mit einer acht Seiten starken Sonderbeilage in der chinesischen Staatszeitung China Daily vom 3. Mai, die sich allein Kenia widmet. Überschriften wie „Kenia, Wunschpartner für chinesische Investoren“ oder „Bereit für Geschäfte in allen Bereichen“ geben die Richtung vor.

Zwischen 2000 und 2008 hat sich das Handelsvolumen zwischen China und Afrika von 10,6 Milliarden US-Dollar auf 106,8 Milliarden US-Dollar verzehnfacht. Für 2009 erwarten Experten aufgrund der weltweiten Finanzkrise einen leichten Rückgang. Doch kein Vergleich zum Einbruch der Handelbeziehungen Europas oder der USA mit Afrika. „Europa war und ist wichtigster Handelspartner Afrikas. Doch der Krisengewinner China hat sich bei den Einzelstaaten auf den Thron des wichtigsten afrikanischen Handelspartners geschwungen“, sagt David Engelhardt vom Institut für Afrikanistik der Universität Leipzig.
China investiert in den Kontinent, verwirklicht prestigeträchtige Infrastrukturprojekte und verschafft sich so einen Zugang zum afrikanischen Markt. Straßenprojekte in Kenia, Flughafenausbau in Algier oder der Merowe-Staudamm im Sudan – China leistet Aufbauhilfe. Selbst wenn deren Führer Menschenrechtsverletzungen zu verantworten haben. Ob Simbabwes Autokrat Robert Mugabe oder der sudanesische Präsidenten Omar al-Baschir, der für Kriegsverbrechen in der Region Darfur verantwortlich gemacht wird - China kümmert sich nicht um den Leumund seiner Geschäftspartner. Mit der strikten Linie, sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen, macht es sich die chinesische Führung einfach und das Land bei Afrikas Führern beliebt.

„Wir wissen Chinas selbstlose Hilfe für unser Land zu schätzen“, erklärte Kenias Präsident Kibaki laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua bei seinem Besuch in Schanghai. Doch bei aller Höflichkeit wird auch er wissen, dass Chinas Engagement in Afrika nicht nur karitative Ziele verfolgt. „Natürlich geht es um Rohstoffe“, sagt David Engelhardt. Doch als reine Jagd nach Rohstoffen sieht der Experte Chinas Engagement in Afrika nicht. Auch der Handel mit Maschinen, Textilien und Transportgütern spielt eine Rolle“, so Engelhardt.

Doch der rohstoffreiche Kontinent Afrika spielt eine Schlüsselrolle in der chinesischen Außenpolitik. Chinas Energiehunger muss gestillt werden. Eine jährliche Wirtschaftswachstumsrate von acht Prozent hat Chinas Führung als magische Grenze ausgemacht, um die politische Stabilität des Landes erhalten zu können. Doch dafür werden Energiemengen und Rohstoffe benötigt, die man selbst nicht mehr besitzt. Laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird China bis 2030 rund 80 Prozent seines Öls importieren. Auch die eigenen Kohlereserven werden nicht mehr lange reichen.

Drei Mal reiste Präsident Hu Jintao allein in den letzten zwei Jahren nach Afrika. Premierminister Wen Jiabao stattete letztes Jahr gleich sieben afrikanischen Staaten Besuche ab. Das Engagement nützt nicht nur den Chinesen. „Die meisten afrikanischen Länder bestätigen selbst, dass durch das chinesische Engagement eine neue Wirtschaftsdynamik entstanden ist“, sagt Margot Schüller vom GIGA Institut für Asien-Studien (German Institute of Global and Area Studies). Die wachsende Nachfrage Chinas nach Energie und Rohstoffen habe die Preise in diesem Segment erheblich erhöht, die Einkommenschancen der Länder verbessert. „Der Ausbau der Infrastruktur sowie die Bereitstellung von Krediten, damit die Länder ihre Projekte im Infrastruktursektor finanzieren können, sind Teil dieser Entwicklung“, so Schüller. Zahlreichen afrikanischen Ländern hat China die Schulden erlassen, investiert ins Bildungssystem, bildet Fachkräfte aus und entsendet Ärzte und Krankenschwestern.

China nutzt die Expo in Schanghai, um seine Beziehungen zu Afrika weiter zu vertiefen, deren Staatsmännern eine internationale Bühne zu liefern. Margot Schüller glaubt, dass die Weltausstellung Afrika auch darüber hinaus helfen kann. „Die Expo bietet besonders wirtschaftlich schon besser entwickelten Ländern die Möglichkeit, das oftmals vorurteilsbehaftete Bild der Welt gegenüber Afrika zu revidieren“. (c) hao de

„Es gibt Dinge, die ändern sich nicht so schnell“

Homosexualität in China

Seit mehr als einem Jahrzehnt ist Homosexualität in China nicht mehr strafbar, wurde 2001 dann auch von der Liste der Geisteskrankheiten gestrichen. Doch die gesellschaftliche Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben tendiert auch heute noch gegen Null.

Nicht ohne Stolz zeigt Yang Ziguang auf das große Plakat an der Wand, auf dem eine große Regenbogenfahne aufgemalt ist. Sie ist eingerahmt von zahlreichen Unterschriften von Menschen, die sich mit der LGBT-Bewegung (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) solidarisieren und die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe fordern. Das Plakat hängt in einem Hinterzimmer des „Pekinger Schwulen- und Lesbenzentrums“, neben dem es noch einen etwas größeren Raum gibt. Alles erinnert ein wenig an einen Jugendtreff. Ein Sofa an der Wand, darüber einer Pinnwand. In der Mitte ein kleiner Tisch mit ein paar Stühlen. Etwas dahinter eine Art Tresen. In einer Ecke ist ein kleines Büro eingerichtet, von dem aus man auf die grauen Wohnhochhäuser in Pekings Stadtteil Haidian schauen kann. Von hier aus, nordwestlich des Zentrums der Hauptstadt, wo zahlreiche Universitäten angesiedelt sind, leitet Yang Ziguang das Schwulen- und Lesbenzentrum. Doch der junge Mann arbeitet hier nicht nur, er ist hier auch zu Hause. Eine Treppe führt hoch zu einem kleinen privaten Schlafplatz. Der 23-jährige Yang Ziguang ist der einzige festangestellte Mitarbeiter und deshalb fast rund um die Uhr im Einsatz. Zusammen mit vielen Freiwilligen organisiert er den Treffpunkt für Schwule und Lesben.

Es ist kalt in den Räumen des Zentrums, die Heizung funktioniert nicht, obwohl die Temperatur draußen höchstens zwei Grad beträgt. Yang Ziguang trägt auch drinnen seine dicke Winterjacke, nippt an einem Becher mit heißem Wasser. Trotz der Kälte wirkt er voller Elan. „Unsere wichtigste Aufgabe ist es, Kontakte herzustellen. Wir organisieren viele Veranstaltungen in unseren Räumen, auf denen sich Homosexuelle treffen und austauschen könne. Das geht von Diskussionsveranstaltungen, Kinoabenden bis hin zu regelmäßigen Englischklassen“, erzählt Yang. Seit 2008 besteht das Schwulen- und Lesbenzentrum, das von vielen Homosexuellen als Zufluchtsort genutzt wird.
„Wir wollen Menschen helfen, die einsam sind und sich mit ihren Problemen alleingelassen fühlen, weil sie ihre sexuelle Orientierung verheimlichen“, sagt Yang.

Auch der angesehen Sexualexperte Professor Zhang Beichuan von der Qingdao Universität weiß um den psychologischen Druck, dem Homosexuelle in China häufig ausgesetzt sind. „Viele Homosexuelle begehen Selbstmord, weil sie weder ihrer Familie noch ihren Freunden sagen können, dass sie schwul sind. Und ihre Eltern sind traurig und deprimiert, weil ihre Kinder nicht heiraten“, so Zhang.

Obwohl es laut dem Experten etwa 30 Millionen Homosexuelle in China gibt, ist Homosexualität heute weiterhin ein Tabuthema. Die gesellschaftliche Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben tendiert im Land der Mitte gegen Null.
„Die Vorurteile gegen Homosexuelle kommen aus dem chinesischen Konzept von Sexualität, nachdem Sex nur dazu da ist, um zu heiraten und Kinder zu bekommen. Und es gibt den wirtschaftlichen Aspekt: Wer kümmert sich im Alter um dich, wenn du keine Kinder hast. Wer versorgt dich, wenn du krank bist?“, so Zhang.

Von der eigenen Familie ist demnach nur selten Verständnis zu erwarten. Dass der Druck auf junge Menschen, Familien zu gründen, in China besonders hoch ist, weiß auch Yang Ziguang vom Pekinger Schwulen- und Lesbenzentrum: „In westlichen Ländern rühren die Vorurteile gegen Homosexuelle großteils aus den Religionen her, in China ist dafür besonders das traditionelle Familienbild verantwortlich.“ Nicht selten sind die Fälle, in denen Verwandte versuchen, dem eigenen Familienmitglied das Schwulsein auszuprügeln. Viele Homosexuelle gehen in China auch heute noch Scheinehen ein, um dem familiären Druck zu entfliehen. Besonders auf dem Land ist dieser Druck hoch.
Dennoch glaubt Yang, dass junge Menschen zumindest in den Großstädten mittlerweile durchaus Möglichkeiten haben, ihre eigenen Entscheidungen zu fällen, ihr eigenes Leben zu gestalten – auch ohne zu heiraten.

Professor Zhang Beichuan glaubt ebenfalls, dass sich die Situation in China in den letzten Jahren gewandelt hat. „Es werden immer mehr Bücher und Broschüren veröffentlicht, in denen die Menschrechte von Homosexuellen hervorgehoben werden. Gerade aus akademischer Sicht haben wir Fortschritte gemacht“, so Zhang.

Auch in den Medien hat er einen Wandel im Umgang mit Homosexualität ausgemacht. Zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember 2009 strahlte das chinesische Staatsfernsehen CCTV eine Sendung zum Thema Aidsprävention aus, in der mehr Toleranz für Homosexuelle gefordert wurde. Auch die staatliche Zeitung China Daily veröffentlichte vor Kurzem eine Reportage mit dem Tenor, die Rechte von Schwulen und Lesben seien zu wahren. Doch Berichte über Homosexualität werden in China fast ausschließlich im Zusammenhang mit Gesundheitsvorsorge und Aidsprävention veröffentlicht. Außerdem erscheinen sie häufig nur in den englischsprachigen Ausgaben der staatlichen Medien. Zhang Beichuan wünscht sich, dass sich die chinesische Regierung öffentlich mehr für Homosexuelle einsetzt.

Doch eine ernsthafte Anstrengung der Staatsführung, für mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen zu kämpfen, ist bisher ausgeblieben. „Es gibt auch heute noch kein Gesetz, das Homosexuelle vor Diskriminierungen schützt“, sagt Yang vom Schwulen- und Lesbenzentrum. Er kennt viele Homosexuelle, die ihre Sexualität verheimlichen - aus Angst ihren Job zu verlieren. „Und das gilt besonders für Menschen, die für die chinesische Regierung arbeiten“, so Yang.

Allzu weit scheint sich die chinesische Gesellschaft demnach noch nicht gewandelt zu haben. Wie weit sie noch von einem normalen Umgang mit Homosexualität entfernt ist, wird an anderer Stelle deutlich. Noch immer gibt es Krankenhäuser, wie das „Nanjing Gulou Hospital“, die Therapien als medizinischen Service anbieten, in denen die sexuelle Orientierung des Patienten durch eine psychologische Behandlung geändert werden soll. Und das, obwohl der gleichgeschlechtliche Sexualverkehr in China seit über einem Jahrzehnt nicht mehr als Verbrechen gilt und Homosexualität 2001 von den Liste der Geisteskrankheiten gestrichen wurde.

„Homosexuelle Paare bewegen sich in einem rechtsfreien Raum. Sie haben häufig ihre Eltern gegen sich und große Teile der Gesellschaft. Das macht ihr Leben so schwieriger“, sagt Yang. Genau hier setzt das Pekinger Schwulen- und Lesbenzentrum mit seiner Arbeit an. Man versucht, Hilfestellungen im Alltag zu geben, bietet psychologische Betreuung an. Auch in Rechtsfragen möchte das Zentrum Homosexuelle unterstützen, doch dazu fehlen der privat finanzierten Einrichtung derzeit die Mittel. Aber vieles funktioniert auch ohne großen Geldeinsatz. Denn das Zentrum ist mit zahlreichen anderen Gruppen in China verbunden, die sich um die Belange von Schwulen und Lesben kümmern. Seit einiger Zeit gibt es in Chinas Großstädten eine aktive LGBT-Gemeinschaft, die im Austausch miteinander steht und gemeinsam Aktionen organisiert, um Aufmerksamkeit für ihre Sache zu gewinnen. Das wichtigste Kommunikationsmittel ist dabei das Internet, auch wenn die Regierung immer wieder Internetseiten blockt. Über verschiedene Webseiten, Blogs und Newsgroups werden Informationen verbreitet und auf Veranstaltungen hingewiesen.

Mitte Februar 2009 ließen sich zum Beispiel ein lesbisches und ein schwules Pärchen in Hochzeitskleidung auf der berühmten Qianmen Straße hinter dem Platz des Himmlischen Friedens fotografieren. Die Aktion zog zahlreiche Schaulustige an, auch die Polizei war sofort zur Stelle. Doch weil die Aktivisten keine Flugblätter gegen Homophobie sondern lediglich Blumen an die umstehenden Menschen verteilten, ließ die Polizei sie gewähren. Die Grenzen für öffentliche Auftritte der LGBT-Bewegung sind eng gesetzt. An Universitäten gibt es allerdings etwas mehr Spielraum für Aufklärungsarbeit. So hat das Pekinger Schwulen- und Lesbenzentrum Verbindungen zu verschiedenen Studentengruppen und hält Informationsseminare zum Thema Sexualität ab.
„Neben der Aufklärung ist es unser Ziel, Homosexuelle selbstbewusst und stark zu machen. Wir unterstützen sie dabei, sich der LGBT-Gemeinschaft anzuschließen, wenn sie es denn wollen. Je mehr Menschen sich trauen, sich nach Außen zu ihrer Sexualität zu bekennen, umso mehr Toleranz wird es geben“, so Yang.

Der junge Mann stützt seine Hoffnung vor allem auf die langsam aber stetig wachsende LGBT-Community. „Es gibt mittlerweile Leute, die sich für Schwule und Lesben engagieren. China tauscht sich immer mehr mit der Welt aus, so dass Homosexualität weiter in den Fokus gerückt wird. Ansichten können sich ändern. Aber in China leben halt so viele Menschen, dass macht es schwierig, einen Wandel in der Gesellschaft herbeizuführen“, sagt Yang.

Bei der Frage, ob sich die Situation für Schwule und Lesben in den nächsten Jahren grundlegend bessern wird, wirkt Yang Ziguang nachdenklich, zögert zum ersten Mal lange bevor er antwortet. „China macht so einen gravierenden Wandel durch. Manches ändert sich von heute auf morgen. Doch es gibt eben Dinge, die ändern sich nicht so schnell.“

(c) hao de

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