Freitag, 14. Oktober 2011

Schätze aus der Mongolei

Deutschland sichert sich Rohstoff-Zugang. Merkel fordert mehr Demokratie

Viel Aufmerksamkeit haben deutsche Spitzenpolitiker der Mongolei in der Vergangenheit nicht zukommen lassen. Zuletzt reiste 2008 der damalige Bundespräsident Horst Köhler zum Staatsbesuch in das zentralasiatische Land. Ein deutscher Regierungschef hatte sich bisher noch nicht in den einstigen sowjetischen Satellitenstaat verirrt, der eingeklemmt zwischen den Großmächten China und Russland bislang eher ein Schattendasein fristete. Den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete der mongolische Regierungschef Sukhbaatar Batbold vielleicht auch deshalb als historisch. Dass die Kanzlerin trotz EU-Finanzkrise in die Mongolei reiste, liegt wohl am Rohstoffreichtum des Staates, der gerade einmal knapp drei Millionen Einwohner zählt, aber etwa viereinhalb Mal so groß wie Deutschland ist.
In der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator machte Merkel am Donnerstag vor allem Werbung für die deutsche Wirtschaft. „Wir sind für die Mongolei ein vertrauenswürdiger Wirtschaftspartner, der sehr an einer nachhaltigen Entwicklung der mongolischen Volkswirtschaft interessiert ist“, sagte die Kanzlerin auf einer Sondersitzung des mongolischen Parlaments. ...

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Samstag, 8. Oktober 2011

Liu Xiaobo weiterhin in Haft

Vor einem Jahr wurde die Vergabe des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo bekanntgegeben. Die Menschenrechtslage in China hat sich seither noch verschlechtert. Der friedliche Vordenker für mehr Demokratie in China sitzt weiterhin in Haft.

Es sind die ersten Informationen über den inhaftierten Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo seit fast einem Jahr. Sieben Tage nach dem Tod seines Vaters durfte der inhaftierte Bürgerrechtler das Jinzhou-Gefängnis in der nordöstlichen Provinz Liaoning verlassen, um an einer Trauerfeier im Kreis seiner Familie teilzunehmen. Gegenüber Hongkonger Medien bestätigte einer seiner Brüder, dass Liu Xiaobo am 18. September nach Hause kommen durfte. „Er war für eine halbe Stunde da. Es geht ihm soweit gut“, sagte Liu Xiaoxuan am Dienstag der „South China Morning Post“. Im Jahr 2009 wurde der Bürgerrechtler Liu Xiaobo wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ zu elf Jahren Haft verurteilt. Seitdem ihm der Nobelpreis zugesprochen wurde, halten die Behörden Liu weitgehend isoliert.

Dass die Nachricht vom Treffen zwischen Liu Xiaobo und seiner Familie nun, zwei Wochen nach dem es stattgefunden hat, an die Öffentlichkeit geriet, ist umso erstaunlich. Bisher hatten die Behörden Lius Familie abgeschirmt, den Kontakt mit Pressevertretern verboten. Der Verdacht liegt nahe, dass Chinas Führung die Nachricht kurz vor dem Jahrestag der Zuerkennung des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo durchsickern lassen hat, um sich so von ihrer milden Seite zu zeigen. Doch ob das Kalkül aufgeht ist fraglich. Zu frisch sind noch die Erinnerungen an die wütenden Proteste der chinesischen Führung nach der Vergabe des Preises an Liu Xiaobo. Weder der 55-Jährige noch seine Familie oder Freunde durften im letzen Jahr zur Preisverleihung nach Oslo reisen. Das Bild vom leeren Stuhl des Preisträgers ging um die Welt. Offen drohte Peking Staaten mit einer Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen, sollten sie ihre Vertreter zur Preisverleihung schicken. Liu Xiaobo ist Mitverfasser der „Charta 08“, die einen friedlichen Wandel und ein Ende der Ein-Parteien-Herrschaft in China fordert. Seit mehr als zwei Jahrzehnten setzt er sich für demokratische Reformen ein. Während er spätestens mit dem Friedensnobelpreis international zur Symbolfigur für Demokratie und Menschenrechte aufgestiegen ist, gilt er dem offiziellen China als Krimineller, als Staatsfeind. Darunter muss auch seine Ehefrau Liu Xia leiden, die kurz nachdem ihrem Mann im Oktober 2010 der Friedensnobelpreis zugesprochen wurde, unter Hausarrest gestellt wurde. Seitdem muss sie weitgehend isoliert von der Außenwelt leben.

Liu Xiaobo ist nicht der einzige Kritiker, der den Zorn des Regimes in Peking zu spüren bekommen hat. Hunderte Aktivisten und Bürgerrechtsanwälte haben verstärkt mit der Verfolgung durch die Sicherheitsbehörden zu kämpfen. „Seit der Verleihung des Nobelpreises im letzten Jahr hat sich die Menschenrechtslage in China immer weiter verschlechtert“, sagt Wang Songlian von der Organisation „Chinese Human Rights Defenders (CHRD)“ gegenüber der Südwest Presse. Spätestens seitdem im Februar im Internet anonyme Aufrufe zur „Jasmin-Revolution“ nach arabischem Vorbild verbreitet wurden, hat die willkürliche Verfolgung von Regimekritikern überhand genommen. „Die chinesische Regierung hat auf die Jasmin-Aufrufe mit dem schärfsten Vorgehen gegen Dissidenten nach 1989 reagiert“, so Wang Songlian. Offenbar von der Angst getrieben, dass der Revolutionsfunke auch auf die Volksrepublik überspringen könnte, versuchte Peking, Kritiker mit aller Gewalt mundtot zumachen. Auch vor Ai Weiwei machten Chinas Sicherheitsbehörden keinen Halt. Rund zweieinhalb Monate wurde der weltbekannte Künstler an einem geheimen Ort festgehalten, bevor er gegen strenge Auflagen wieder frei kam.

Verfolgung und Verschleppung von Kritikern ist seit jeher ein zentrales Instrument, mit dem Chinas Führung ihre Alleinherrschaft zu sichern sucht. Nun soll eine Reform des Strafrechts das Verschwindenlassen auch noch legalisieren. Laut einem neu geplanten Gesetz könnten Personen, die verdächtigt werden, die Staatssicherheit zu gefährden, bis zu sechs Monate ohne Richterspruch und Angabe von Gründen von der Polizei festgehalten werden. Die Familien der Verschleppten müssten außerdem nicht benachrichtigt werden. Zahlreiche chinesische Menschenrechtsanwälte und Aktivisten haben Eingaben an den Nationalen Volkskongress gesendet, in denen sie die Einhaltung der Rechte für Verdächtige und deren Familien fordern. Der bekannte Bürgerrechtler Hu Jia stellte seinen Protestbrief an den Volkskongress ins Internet, um weitere Kritiker gegen das Gesetz zu mobilisieren. Das Verschwindenlassen von chinesischen Bürgern verglich er darin mit den „Methoden des roten Terrors der Geheimpolizei KGB“. Wie viele Aktivisten fürchtet er, dass die Verschärfung des Strafrechts zu einer neuen Repressionswelle führen könnte

(c) hao.de

Freitag, 30. September 2011

Huang Ming - Chinas „Sonnenkönig“

Verheimlicht hat Huang Ming nie, dass er ursprünglich in der Ölindustrie gearbeitet hat. Gerne erzählt er Journalisten davon, dass er sich als junger Mann keinerlei Gedanken darüber gemacht habe, dass Öl ein endlicher, ein schmutziger Rohstoff ist. Wie ihn dann aber die Umweltverschmutzung in seinem Heimatort aufgerüttelt und die Geburt seiner Tochter zum Umdenken bewegt habe. Schuldig gegenüber seiner Tochter habe er sich gefühlt, die mit den Folgen der Umweltzerstörung leben muss, die seine Generation verursacht. Zufällig stößt er auf ein Buch über Solarenergie, das ihn in den Bann zieht und sein Leben verändert. Heimlich, neben der Arbeit, forscht er zum Thema erneuerbare Energien. Der heute 53-jährige Huang Ming kündigt seinen gutbezahlten Job als Ingenieur und gründet 1995 seine eigene Firma, die Himin-Gruppe.

In der Volksrepublik, in der noch 70 Prozent der Energie aus Kohlekraftwerken stammen, wird Huang Ming schnell zum Vorkämpfer für eine grüne Zukunft – und zum erfolgreichen Solarunternehmer. In nicht einmal zehn Jahren entwickelt sich sein kleines Geschäft zu einem Unternehmen mit 9000 Beschäftigten. Seine Firma ist vor allem mit Warmwasseraufbereitern erfolgreich, die mittlerweile Millionen Haushalte in China auf umweltfreundliche Weise versorgen. Dunkle Glasröhren auf dem Dach sammeln Sonnenenergie, erwärmen so das Wasser in den Tanks. Die Technik ist einfach und billig, wird so zum Verkaufsschlager. Mit einer Million produzierter Anlagen im Jahr ist die Himin-Gruppe nach Firmenangaben weltweiter Marktführer. Dazu verkauft Huangs Unternehmen jährlich 300 Millionen Quadratmeter Sonnenkollektoren – etwa soviel wie die gesamte EU produziert.

Der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmers hat auch sichtbare Folgen für die Umwelt. In der 5-Millionen-Einwohnerstadt Dezhou, Firmensitz von Huang Mings Unternehmen, lässt sich das wohl am besten beobachten. Fast alle Hausdächer in der nordostchinesischen Stadt sind mit seinen Anlagen für Warmwasseraufbereitung ausgerüstet. 6 000 solarbetriebene Straßenlaternen sorgen für Licht. So gilt die Luft in Dezhou als etwas sauberer, der Himmel als etwas klarer als in anderen Städten des Landes. Vor allem dank Huang Ming gilt Dezhou mittlerweile als Modellstadt für erneuerbare Energien in China. Seinem Engagement ist es zu verdanken, dass um Dezhou ein chinesisches „Solar Valley“ mit Universität, Forschungslabors und Fabriken entstanden ist. Zahlreiche Solarunternehmen haben sich hier mittlerweile niedergelassen. Auch politisch ist Huang Ming zwischenzeitlich engagiert. Als Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses arbeitete er an einem Gesetz für erneuerbare Energien mit, das 2006 in Kraft trat.

„Solarwasserbereiter für die ganze Welt, damit auch die nächsten Generationen noch in den blauen Himmel schauen können“. Gerne verbreitet Huang Ming diesen Slogan, der zeigt, dass er sich nicht nur um die Umwelt sorgt, sondern auch ein guter Unternehmer ist, der sich zu vermarkten weiß. Wirtschaftlicher Erfolg und Umweltschutz müssen sich nicht ausschließen. Das ist die Botschaft, die Huang Ming nicht nur in China verbreitet. Und dafür wurde er nun auch mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Dabei weiß Huang Ming durchaus, dass Chinas Wachstum noch zu sehr auf der Ausbeutung der Natur beruht, die Solarenergie in China trotz staatlicher Förderung noch immer eine untergeordnete Rolle spielt. „Unternehmer und Investoren müssen verstehen, dass sie mit grünen Energien Geld verdienen können, damit diese größere Bedeutung entwickeln können“, hat Huang Ming vor einiger Zeit gesagt. Er selbst, in China ehrfürchtig als „Sonnenkönig“ betitelt, geht dabei mit großen Schritten voran. Laut dem US-Wirtschaftsmagazin Forbes gehört der Unternehmer zu den 400 reichsten Männern der Volksrepublik.

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Mittwoch, 28. September 2011

Chinas reichster Mann ins Zentralkomitee

Bald könnte Liang Wengen nicht nur der reichste Mann Chinas sein, sondern auch ganz offiziell einer der mächtigsten Männer des Landes. Denn der 55-jährige Unternehmer, Chef des Baumaschinenkonzerns Sany Group, soll in das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei aufgenommen werden – als erster privater Unternehmer überhaupt.

Laut der Zeitung „Time Weekly“ aus Guangzhou sind in der Pekinger Führung bereits Vorbereitungen getroffen worden, Liang beim nächsten Parteikongress im Herbst 2012 in das Zentralkomitee zu berufen. Zunächst würde Liang zum Ersatzmitglied ohne Stimmrecht ernannt. Später könnte er dann zum ordentlichen Mitglied aufsteigen. Das Zentralkomitee hat rund 300 Delegierte, die offiziell die Mitglieder des mächtigen Politbüros wählen. Im kommenden Jahr beginnt der nächste Machtwechsel in Partei und Regierung. So werden die meisten Sitze im Ständigen Ausschuss des Politbüros neu vergeben. Auch Staats- und Parteichef Hu Jintao sowie Regierungschef Wen Jiabao werden abgelöst.

Der Magnat Liang, dessen Vermögen auf etwa zehn Milliarden Dollar geschätzt wird, soll in Zukunft offenbar eine wichtige politische Rolle in der Machtzentrale der Volksrepublik spielen. Laut Presseberichten könnte der Milliardär, der seit 2004 Parteimitglied ist, auch eine führende Position in der Provinzregierung seiner Heimatprovinz Hunan übernehmen.

Liang stammt aus armen Verhältnissen, hat sich zunächst als Flechter von Bambuskörben sein Geld verdient und später Materialwissenschaften studiert. Im Jahr 1989 gründete er das Unternehmen Sany, das besonders vom Bauboom in China profitiert hat. Mittlerweile ist Sany der Weltmarktführer für Betonpumpen. Der Konzern ist auch in Deutschland aktiv, baut gerade für 100 Millionen Euro bei Köln seine Europazentrale und eine neue Fertigungsstätte. Es ist die bisher größte chinesische Investition in Europa.

Die bevorstehende Berufung des Unternehmers in das Zentralkomitee hat unter chinesischen Beobachtern gemischte Reaktionen hervorgerufen. „Trotz der entscheidenden Rolle, die der private Sektor für die wirtschaftliche Entwicklung gespielt hat, haben deren Akteure wie Liang nicht den Status erreicht, den sie verdienen“, erklärte Pu Xingzu, Professor an der Schanghaier Fudan-Universität gegenüber „Time Weekly“. Wie Pu werten zahlreiche Experten die Ernennung Liangs als Zugeständnis der chinesischen Führung gegenüber privaten Unternehmen, die mit der Konkurrenz durch übermächtige Staatsbetriebe zu kämpfen haben. Sie sehen in dem Schritt zudem eine Reaktion Pekings auf die veränderten ökonomischen Strukturen. Gleichzeitig gibt es Befürchtungen, dass private Unternehmer in der Parteiführung ihre Macht zum eigenen Vorteil missbrauchen könnten. In Zeiten, in denen die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht, könnte die Aufnahme des reichsten Mannes Chinas in das Zentralkomitee auch als falsches Signal gewertet werden.

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Montag, 26. September 2011

Presseschau 11/09/24: Waffen und schlechte Stimmung

Peking – Seit Jahren belasten US-Waffenlieferungen nach Taiwan die Beziehungen zwischen den USA und China. Sieht die Volksrepublik das demokratische Taiwan doch als abtrünnige Provinz. Die aktuell geplante Waffenlieferung der USA hat in China auch diesmal für Empörung gesorgt. US-Botschafter Gary Locke wurde noch am Mittwochabend ins Außenministerium in Peking einbestellt, wo ihm eine formelle Protestnote überreicht wurde. Auch in Chinas Staatsmedien wird gegen das neuerliche US-Waffengeschäft gewettert. „China hat nun schon mehrfach gegen US-Waffenlieferungen an Taiwan protestiert. Die USA sollten sich im Klaren sein, in welcher Position sie sich befinden“, zitierte die Zeitung „Global Times“ Außenministeriumssprecher Hong Lei in ihrer Donnerstagsausgabe. Noch deutlicher liest sich die Kritik an den USA in einem am Donnerstag von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua verbreiteten Beitrag. „Das Fehlverhalten der US-Seite wird unausweichlich sowohl die bilateralen Beziehungen als auch den Austausch und die Kooperation im Militär- und Sicherheitsbereich untergraben“, zitierte Xinhua Chinas Vizeaußenminister Zhang Zhijun.
Das US-Waffengeschäft mit Taiwan hat ein Volumen von 5,85 Milliarden Dollar (4,25 Milliarden Euro). Dabei geht es vor allem um die Aufrüstung von
bereits vorhandenen Flugzeugen. Die von Taiwan gewünschten 66 hochmodernen F-16-C/D-Bomber sind allerdings nicht Teil des Waffendeals – ein Zugeständnis an Chinas Führung. Im vergangenen Jahr hatte Peking die Militärkontakte mit den USA aus Protest gegen ein ähnliches Rüstungsgeschäft zwischenzeitlich eingefroren.

(c) hao.de

Montag, 19. September 2011

China bietet Hilfe, aber keine Rettung

Schuldenkrise. China will dem schuldengeplagten Europa zu Hilfe kommen. Aber retten muss sich Europa selbst.

Nicht zum ersten Mal bietet China seine Hilfe an. Seit Beginn der Schuldenkrise in der Europäischen Union hat Ministerpräsident Wen Jiabao mehrfach seine Zuversicht in die Wirtschaftskraft der Eurozone bekundet. Sein jüngstes Versprechen, weiter in diese zu investieren, kam daher wenig überraschend. Sein Land sei bereit, „eine helfende Hand auszustrecken“, erklärte Wen Jiabao auf dem Treffen des Weltwirtschaftsforums, dem „Sommer-Davos“, in der nordostchinesischen Hafenstadt Dalian. Wirklich konkret war das Hilfsangebot aber nicht. China wird weiterhin Staatsanleihen schwankender Eurostaaten erwerben. Die riesigen Devisenreserven in Höhe von 3,2 Billionen US-Dollar (2,3 Billionen Euro) müssen nun einmal angelegt werden. Das ist die Botschaft aus Peking. In Griechenland, Portugal und Spanien hat sich die Volksrepublik schon eingekauft, in unbekannter Höhe. Doch mit der Ankündigung, weiter in europäische Staaten investieren zu wollen, zeigt Peking vor allem seine Zuversicht in die wirtschaftliche Entwicklung Europas. So will China zur Beruhigung der Märkte beitragen. Das Hilfsangebot aus Peking kommt nicht umsonst. In Dalian forderte Chinas Ministerpräsident im Gegenzug, dass die EU den marktwirtschaftlichen Status Chinas anerkennen solle. Dieser würde Peking vor Handelsklagen schützen.

In Europa hat das neuerliche Hilfsangebot vor allem die Hoffnung geschürt, dass China die Eurozone im Alleingang aus der Schuldenkrise führen könnte. Eine Hoffnung, die wohl zu hoch gegriffen ist. Nach Wen Jiabaos Rede am Mittwoch drückt China deshalb auf die Euphoriebremse. „Jedes Land sollte die ihm zugedachte Aufgabe verantwortungsvoll erfüllen“, sagte der Vizevorsitzende von Chinas Reform- und Entwicklungskommission (NDRC), Zhang Xiaoqiang, am Donnerstag in Dalian. „Unser Beitrag als bevölkerungsreichstes Land der Welt besteht darin, unser Wirtschaftswachstum qualitativ zu verbessern“, so Zhang. Die Vorstellung, dass die Volksrepublik Europa oder die Weltwirtschaft aus der Krise führen könnte, sorgt in China für Verwunderung.

Die Euphorie in Europa speist sich aus der Vergangenheit. Mit einem gigantischen Konjunkturprogramm hatte Peking 2008 begonnen, die Volksrepublik durch die weltweite Finanzkrise zu steuern und beeindruckte auch in schweren Zeiten mit hohen Wachstumsraten. Von dieser wirtschaftlichen Stärke profitierte auch Europa. Doch das Konjunkturprogramm hat in der Volksrepublik Spuren hinterlassen. Trotz zahlreicher finanzpolitischer Maßnahmen bekommt China die Inflation nicht richtig in den Griff. Die Teuerung hat sich im August zwar leicht abgemildert, legte aber immer noch um 6,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu.Daneben bereitet die Verschuldung chinesischer Kommunen Sorgen. Ein großer Teil der Ausstände stammt aus dem Jahr 2008, als Peking die Kreditvergabe angekurbelt hatte. Den Geldhahn noch einmal aufzudrehen kann sich China nicht mehr leisten. Ohnehin hat das Land zu sehr mit eigenen Problemen zu kämpfen, als dass es Europa aus der Krise ziehen könnte. Der Umbau der Wirtschaft weg von Exporten und Investitionen, hin zu heimischem Konsum und nachhaltigem Wachstum soll vorangetrieben werden. „Chinas Entwicklung ist noch unausgeglichen, unkoordiniert und nicht nachhaltig“, warnte Wen Jiabao deshalb beim Treffen des Weltwirtschaftsforums. Dennoch ist die Volksrepublik als wichtiger Handelspartner sowie als Käufer europäischer Anleihen von großer Bedeutung für Europa. Als Heilsbringer in der Schuldenkrise taugt China allerdings nicht.

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Donnerstag, 15. September 2011

Chinas Angebot: Hilfe für Europa

Das Angebot zeugt von Selbstbewusstsein. China will Europa und den USA mit Investitionen aus der Schuldenkrise helfen. Ist das eine Chance – oder eher eine Bedrohung?

Was bietet China genau an?

Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao erklärte auf dem Treffen, sein Land sei bereit, „eine helfende Hand auszustrecken“. Wirklich konkrete Zusagen machte er allerdings nicht. Bisher hat sich China vor allem über den Kauf von Staatsanleihen strauchelnder Eurostaaten engagiert. Die jüngsten Äußerungen Wen Jiabaos können als Zusage verstanden werden, den Kauf von europäischen Staatsanleihen weiter auszubauen. In welcher Höhe sich China bisher in Europa eingekauft hat, ist allerdings unbekannt. Doch mit der Ankündigung, weiter in europäische Staaten investieren zu wollen, zeigt Peking vor allem seine Zuversicht in die wirtschaftliche Entwicklung Europas. So will China zur Beruhigung der Märkte beitragen. Die EU ist der größte Außenhandelspartner Chinas. Eine stabile Eurozone ist schon deshalb im Interesse der Volksrepublik.
Auch die USA sind für China als Handelspartner zu wichtig, als dass man sich in Peking über deren wirtschaftlichen Niedergang freuen könnte. Zumal China einen großen Teil seiner Devisenreserven in amerikanischen Staatsanleihen investiert hat. Zwar möchte China seine riesigen Devisenreserven in Höhe von 3,2 Billionen US-Dollar (2,3 Billionen Euro) weiter streuen. Doch laut Experten wird Peking vorerst auch weiterhin in US-Anleihen investieren müssen. Schon allein, um einen Wertverlust der bereits bestehenden Bestände zu verhindern. „China kann sich nicht isoliert vom Rest der Welt entwickeln, und die Welt braucht auch China für seine Entwicklung“, betonte Wen Jiabao in Dalian.

Welche Bedingungen hat Peking an diese Hilfen geknüpft?
China erwartet von den europäischen Krisenstaaten und den USA größere Anstrengungen, ihre Verschuldung in den Griff zu bekommen. Die Regierungen müssten „ihrer Verantwortung gerecht werden und ihr eigenes Haus in Ordnung bringen“, sagte Wen Jiabao am Mittwoch. Erneut forderte er die USA und Europa auf, chinesische Investitionen zu schützen. Besonders die Schuldenpolitik der USA hatte China in den vergangenen Wochen mehrfach scharf kritisiert.

Welche wirtschaftlichen und politischen Absichten verbergen sich hinter den Angeboten?

China inszeniert sich als Retter in der Not. Doch Geld zu verschenken hat auch Peking nicht. China fordert schon seit längerem eine größere Rolle in der internationalen Finanzpolitik. Die Geldspritzen für Europa und die USA sollen Pekings wirtschaftspolitischen Einfluss stärken. Dieser soll helfen, Streitfragen für sich zu entscheiden. Wie etwa bei Chinas Bemühungen, die Anerkennung des marktwirtschaftlichen Status des Landes durchzusetzen, um sich so vor Anti- Dumping-Verfahren schützen zu können. In seiner Rede in Dalian machte Chinas Ministerpräsident in dieser Frage nun erneut Druck, forderte die Europäische Union direkt auf, den marktwirtschaftlichen Status Chinas anzuerkennen. Er hoffe auf einen „Durchbruch“ schon auf dem nächsten EU-China-Gipfel im Oktober in Tianjin, erklärte Wen. Von den USA erwartet China eine größere Öffnung des US-Marktes für Investitionen chinesischer Unternehmen. Zusätzlich forderte Chinas Premier erneut, dass die USA Beschränkungen für die Ausfuhr hochtechnologischer Produkte nach China aufheben.
Mit dem finanziellen Engagement in Europa dürfte auch Chinas politischer Einfluss wachsen, so das Kalkül in Peking. Streitthemen könnten so in den Hintergrund gedrängt werden. „Es ist zu befürchten, dass Kritik an den Menschenrechten in Zukunft noch leiser geübt wird“, sagte der China-Experte Dirk Pleiter von Amnesty International der Nachrichtenagentur Reuters. Seinen wachsenden Einfluss könnte China auch dazu nutzen, eine Aufhebung des EU-Waffenembargos zu erreichen, das seit dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens von 1989 gilt.

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Freitag, 9. September 2011

Inmitten der Masse

1,3387 Milliarden Menschen leben in China. Der Wettbewerb um eine glückliche Zukunft ist hier besonders hart.

Es ist bereits nach 21 Uhr als Zhu Ying die private Englischschule erreicht, um ihren Sohn abzuholen. Über zwei Stunde quält sie sich mit ihrem Auto zweimal die Woche durch den Pekinger Verkehr, damit der zehnjährige Li Junxing sein Englisch verbessern kann. Es sind lange Tage für Li Junxing, dem während des Unterrichts auch schon mal die Augen zufallen. Seine Mutter ist zwar besorgt, dass sie ihrem Sohn zu viel zumutet. Aber nur so, glaubt sie, hat er später eine Chance auf einen gutbezahlten Job. „Der gesellschaftliche Druck auf unsere Kinder, aber auch auf uns, die beste Bildung für unsere Kinder zu ermöglichen, ist groß“, sagt Zhu Ying. Bis 16 Uhr hat Li Junxing, der in die 6. Klasse eines modernen Internats in Peking geht, normalerweise täglich Unterricht. Danach muss er Hausaufgaben machen. Zusätzlich bekommt er Klavierunterricht, Taekwondostunden und den privaten Englischunterricht. „So wollen wir unserem Sohn eine Welt eröffnen, die seine Schule ihm nicht bieten kann“, sagt seine Mutter. Vor allem aber hofft sie, dass ihr Sohn später mit seinen Zusatzfähigkeiten punkten kann. Viel Freizeit, um zu spielen oder Freunde zu treffen, bleibt da nicht. Ein normaler Schultag mit Hausaufgaben und Privatunterricht dauert für chinesische Schulkinder oft bis in den späten Abend. Wer Schüler im bevölkerungsreichsten Land der Welt ist, steht im ständigen Wettbewerb. Nur wer aus der Masse heraussticht, hat gute Zukunftschancen. So wollen Chinas Eltern vor allem eins - exzellente Noten für ihre Kinder. Nur diese ermöglichen den Zugang zu guten Universitäten, Grundvoraussetzung für eine gute Anstellung.

Dabei ist ein Studium schon lange keine Jobgarantie mehr. Denn die Zahl der Universitätsabsolventen steigt stetig und es fehlt an genügend Arbeitsplätzen für junge Akademiker. „Ameisenvolk“ nennen chinesische Soziologen das Heer an Absolventen, die sich mit schlechtbezahlten Jobs über Wasser halten und nur in Gruppen weit draußen am Stadtrand der großen Metropolen in billigen Unterkünften wohnen können. Mehr als eine Million soll es von ihnen geben.

Während gut ausgebildete Chinesen mit der millionenfachen Konkurrenz zu kämpfen haben, bleibt anderen der Zugang zu einer regulären Schulbildung von Anfang an verwehrt. Etwa 30 Millionen Wanderarbeiterkinder im schulfähigen Alter gibt es laut OECD, deren Eltern auf der Suche nach Arbeit vom Land in chinesische Großstädte strömen. Zwei Drittel dieser Kinder kommen mit ihren Eltern in die Städte, der Rest bleibt bei Verwandten in den Heimatdörfern. Die Wanderarbeiterkinder in den Großstädten haben zwar gute Schulen vor der Haustür, können diese aber nur selten besuchen. Weil sie wie ihre Eltern keine Stadtbürgerschaft (Hukou) besitzen, werden sie in vielen Metropolen von Sozialleistungen ausgeschlossen. In der chinesischen Hauptstadt Peking wird ihnen ein kostenloser Schulplatz bis einschließlich der Mittelschule mittlerweile offiziell zwar garantiert. Die dafür notwendigen Dokumente bekommt aber kaum jemand. Zudem müssen die Eltern noch eine „Spende“ an die jeweilige Schule entrichten. Das Geld dafür fehlt. So sind am Stadtrand von Peking zahlreiche private Schulen für Wanderarbeiterkinder entstanden, die nur geringe Schulgebühren fordern. Eine Parallelwelt, die die Behörden offenbar nicht mehr dulden wollen. Mit dem Abriss von 24 solcher Schulen wurde Mitte August begonnen. Als Versuch, die Wanderarbeiter loszuwerden, bezeichnet der Pekinger Anwalt Tian Kun diese Maßnahme. „Die Behörden zielen auf die Kinder, um die Wanderarbeiter aus der Stadt zu vertreiben“, sagte Tian gegenüber der Zeitung „Global Times“. Offiziell begründen die Bezirke ihr Vorgehen damit, dass es sich bei den Wanderarbeiterschulen um illegale Einrichtungen handle, Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten worden seien. Doch in Wahrheit geht es wohl um die Gewinnung von Bauland.

Denn Chinas Metropolen platzen aus allen Nähten. Jeder zweite der mittlerweile 1,3387 Milliarden Chinesen lebt mittlerweile in Großstädten. So wächst auch Peking unaufhörlich weiter – und die Probleme wachsen mit. Autokolonnen kriechen beinahe rund um die Uhr durch die Straßen. Und dass, obwohl die Neuzulassungen von Autos deutlich eingeschränkt wurden. Einmal in der Woche muss jeder Pekinger gar sein Auto ganz stehen lassen. Auch das U-Bahnnetz ist völlig überlastet, obwohl es stetig ausgebaut wird. Auf dem Weg zur Arbeit muss man an manchen U-Bahnstationen 40 Minuten warten, um überhaupt in die Station zu kommen.

Urbanisierung und Wirtschaftsboom haben nicht nur Folgen für die Menschen in den Städten. Der Energiehunger von Metropolen und Industrie beeinflusst auch das Leben der Landbevölkerung. Wie sehr, lässt sich in der Inneren Mongolei im Nordosten Chinas sehen. 2009 ist die Autonome Region, die an den eigentlichen mongolischen Staat grenzt, zum größten Kohleproduzenten Chinas aufgestiegen. Wirtschaftlich profitiert davon besonders die Mehrheit der knapp 20 Millionen Han-Chinesen. Ein Großteil der etwa 4 Millionen Mongolen in der Region beklagt dagegen die Zerstörung des Graslandes durch die Kohleminen und damit der traditionellen Lebensweise der Mongolen als Hirten und Nomaden. Immer wieder kam es in den letzten Monaten zu Auseinandersetzungen zwischen Mongolen und Chinesen. Die Folgen des massiven Kohleabbaus werden laut Umweltschützern bald alle Menschen in der Provinz zu spüren bekommen. „Das Wasser in der Steppe der Inneren Mongolei ist knapp. Wasserintensive Industrien wie der Kohleabbau werden das Grasland in wenigen Jahren in eine Wüste verwandeln“, sagt Chen Jiqun von der NGO „Echoing Steppe“, die sich für den Erhalt des mongolischen Weidelandes einsetzt.

Chinas Regierung muss etwa 1,4 Milliarden Menschen versorgen. Die Ressourcen sind knapp, die Zerstörung der Umwelt hat dramatische Folgen. Auch deshalb hält Chinas Führung an der „Ein-Kind-Politik“ fest, mit der man seit den 1980er Jahren das Bevölkerungswachstum bremst. Um nur noch 0,57 Prozent jährlich wuchs die Bevölkerung in den letzten zehn Jahren laut dem nationalen Statistikamt. Doch die „Ein-Kind-Politik“ hat auch ungewollte Nebenwirkungen. Die Gesellschaft altert aufgrund der Geburtenkontrolle deutlich schneller. Und wegen der traditionellen Bevorzugung männlicher Nachkommen gibt es deutlich mehr Männer als Frauen in China. Viele junge Männer bleiben so zwangsweise allein. Und dass, obwohl der Druck aus Gesellschaft und Familie groß ist, zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen.

Der zehnjährige Schüler Li Junxing aus Peking muss sich vorerst lediglich um gute Noten kümmern. Ob er später studieren kann, oder ob er einmal eine Ehefrau findet, ist für ihn noch ganz weit weg. Seine Mutter macht sich über diese Dinge aber schon jetzt viele Gedanken. Denn in China, im bevölkerungsreichsten Land der Welt, ist der Wettbewerb um eine gute Zukunft besonders hart.

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