Montag, 5. September 2011

Presseschau 09/11: 19 Bergleute gerettet

Peking – Von einer erstaunlichen Rettung berichteten Chinas Tageszeitungen diese Woche. In der nordöstlichen Provinz Heilongjiang konnten 19 Bergleute nach einer Woche eingesperrt in einer überfluteten Zeche gerettet werden. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua wurden die Kumpel am Dienstag unter Jubel von Rettungskräften und Angehörigen ans Tageslicht gebracht. Am 23. August war das illegale Bergwerk im Bezirk Boli überflutet worden, als Bergleute versehentlich eine angrenzende Mine anbohrten. Von den 45 Arbeitern in der Mine konnten sich zunächst 19 selbst retten, vier weitere wurden am Samstag geborgen. Einer von ihnen starb später. In ihrer Mittwochausgabe berichtete die „China Daily“ euphorisch von der Bergungsaktion. Laut der Zeitung hätten noch eine Woche später die 19 Kumpel gerettet werden können, da sie sich an einer erhöhten Position befanden, als die Mine überflutet wurde. Drei Arbeiter wurden Ende der Woche noch vermisst. Im Mittelpunkt des Berichts der „China Daily“ stand die rührende Geschichte von Liu Ling, deren Ehemann erst zwei Tage vor dem Unglück seine Arbeit in dem Bergwerk aufgenommen hatte. Tag um Tag hatte Liu vor der Mine ausgeharrt und auf die Rettung ihres Mannes gehofft. „Am Dienstagmorgen, 165 Stunden nach der Überflutung, wurden ihre Gebete [...] erhört“, hieß es in der „China Daily“. Die Rettung der Kumpel kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass chinesische Minen zu den gefährlichsten der Welt gehören. Im vergangenen Jahr starben nach offiziellen Angaben 2433 Kumpel bei Unfällen in chinesischen Kohlebergwerken. Das sind mehr als sechs Todesopfer pro Tag.

Mittwoch, 17. August 2011

Chinas schmutzige Sucht nach Öl

Drill, Baby, drill: Chinas Ölförderung wächst rasant. Die Folge: Katastrophen sind die Regel.

Irgendwann kann auch Chinas Zentralregierung nicht mehr die Augen vor der dreckigen Brühe verschließen. In der Bohai-Bucht am Gelben Meer sprudelt einmal mehr Öl ins Wasser. Lange verheimlicht, ist das Ausmaß der Umweltverschmutzung mittlerweile ungeheuerlich. Bereits im Juni hatten zwei Lecks im Förderfeld Penglai 19-3 des Unternehmens ConocoPhillips China zur Katastrophe geführt. Eine Fläche von 4.250 Quadratkilometern soll laut Behördenangaben verschmutzt worden sein, das ist fast fünfmal die Fläche Berlins. Weitere 3.400 Quadratkilometer seien in geringerem Maße verunreinigt worden.

Die nächste Hiobsbotschaft folgte am vergangenen Freitag, als die staatliche chinesische Ozeanverwaltung (SOA) bekannt gab, dass aus einem weiteren Leck am Meeresboden des gleichen Förderfeldes weiterhin Öl austrete. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Ölproduktion in der Bohai-Bucht am Gelben Meer laut Schätzungen bereits verdoppelt, und der Ausbau geht weiter. Die Richtung gibt die Zentralregierung in Peking vor und Chinas Küstenprovinzen setzen die Vorgaben in einem atemberaubenden Tempo um. Chinas Wirtschaft, so ist es im neuen Fünfjahresplan (2011–2015) festgeschrieben, soll den Ausbau der Offshore-Ölförderung vorantreiben. Öl und Gas aus dem Meer sollen dabei helfen, den Energiebedarf der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt zu decken. Die rasante Entwicklung hat Folgen für die Region, die immer wieder mit Unfällen zu kämpfen hat, die Wasser und Küsten verschmutzen.

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Freitag, 12. August 2011

Die Billionen-Dollar-Frage

China sitzt auf einem riesigen Devisenberg. Jeden Tag kommen weitere Milliarden hinzu. Das erschwert den Umbau der Wirtschaft

Amerikas Schuldenkrise hat China in Aufregung versetzt. Rund 1,2 Billionen US-Dollar hält die Volksrepublik in amerikanischen Staatsanleihen und fürchtet nun um ihre Investitionen. Washington müsse seine „Schuldensucht“ endlich in den Griff bekommen, heißt es in den Staatsmedien. Die ungewöhnlich harsche Kritik an den USA werten Marktbeobachter jedoch auch als Manöver, mit dem die Führung in Peking von ökonomischen Fehlentwicklungen im eigenen Land ablenken will. Schon seit geraumer Zeit versucht die Regierung, gegen die hohe Preissteigerung vorzugehen – mit mäßigem Erfolg. Im Juli stieg die Inflation erneut stark um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat (zum Vergleich: Deutschland plus 2,4 Prozent).

Mit Sorgen betrachten Experten auch die Schuldenberge, die lokale Regierungen angehäuft haben, um Infrastrukturprojekte oder spekulative Immobiliengeschäfte zu finanzieren. Vor kurzem warnte die Ratingagentur Moody’s, dass sich die Verschuldung der Lokalregierungen zu einem ernsthaften Risiko für Chinas Banken entwickeln könnte. Moody’s schätzt, dass acht bis zwölf Prozent dieser Kredite nicht zurückgezahlt werden können. Die Schuldenlast in den Provinzen, Preissteigerungen und die Immobilienblase – all das sind Folgen des riesigen staatlichen Konjunkturprogramms, mit dem Peking seit 2008 versucht, das Land durch die weltweite Finanzkrise zu steuern. Eben diese Krise hatte die Pläne der chinesischen Regierung ausgebremst, den Umbau der Wirtschaft voranzutreiben. Wichtigstes Unterfangen ist dabei die Neuausrichtung der Wirtschaft, weg von einem exzessiven und exportgetriebenen Wachstum hin zur Stärkung des Binnenmarktes. Wiederholt hat Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao hervorgehoben, dass das derzeitige Wirtschaftsmodell „unausgewogen, instabil und nicht nachhaltig“ sei. Doch der Umbau kommt nur schleppend voran. „Chinas vorrangiges Augenmerk liegt darauf, für Beschäftigung zu sorgen. Und als Exportkraftpaket konnte man die Bevölkerung bisher mit Arbeit versorgen“, sagt Paul Schittek, Marktbeobachter der US-Beratungsfirma „Tigerpacs“, die auch Unternehmen in China berät. Ein zu schneller Umbau der Wirtschaft, fürchtet man in Peking, könnte die Zahl der Arbeitslosen und damit die Gefahr von sozialen Spannungen erhöhen.

Mit dem neuen Fünf-Jahres-Plan hat sich Chinas Regierung zum Ziel gesetzt, den Konsum anzukurbeln und die Abhängigkeit von den Ausfuhren zu verringern. Dass der Wandel kommen muss, darin sind sich auch chinesische Wirtschaftswissenschaftler weitgehend einig. Doch vorerst exportiert China weiter mehr, als es importiert und erwirtschaftet einen gigantischen Handelsüberschuss von zwei Milliarden Dollar am Tag. Doch wohin mit dem vielen Geld? Verglichen mit den Problemen in den USA und in der Eurozone ist dies ein Luxusproblem. Doch die Sorge der chinesischen Regierung um den Wertverlust ihrer Anlagen bleibt.

Über zwei Jahrzehnte hat die Volksrepublik erfolgreich auf den Export gesetzt, auch mithilfe der unterbewerteten chinesischen Währung. Deshalb sitzt die Führung in Peking auf einem riesigen Devisenberg von derzeit rund 3,3 Billionen Dollar. So verständlich die Sorgen um den Wert des Dollarvermögens auch sein mögen, die US-Schuldenkrise offenbart, dass sich China mit dem einseitigen Kauf von US-Anleihen in eine prekäre Situation gebracht hat. „China muss seine Anlagen in ausländische Staatsanleihen weiter streuen. Die derzeitige Krise muss als Weckruf dienen“, fordert Cheng Xiaohe von der Pekinger „Renmin University“. Dagegen warnt der Chefvolkswirt der „Deutschen Bank China“, Ma Jun, vor Überreaktionen. „Chinas Strategie, seine Devisenreserven schrittweise zu diversifizieren, sollte fortgesetzt werden“, meint er. Einen Schritt in diese Richtung hat die Zentralbank jetzt getan. Am Donnerstag meldete der weltgrößte Rückversicherer Munich Re, dass die Investorentochter SAFE der People’s Bank of China ihre Anteile an dem Unternehmen auf 3,04 Prozent gesteigert hat. Wert der Aktien: rund 472 Millionen Euro.

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Montag, 8. August 2011

Made in China

Die Meister der Kopierkunst kommen zu Besuch nach Hallstatt (Original), in Guangdong wird schon gebaut

Die Arbeiten haben bereits begonnen. Seit April graben und schachten hier im Kreis Boluo, Teil der 4-Millionen-Einwohner-Stadt Huizhou, Maschinen und Bauarbeiter. Fundamente müssen gelegt, eine tiefe Senke ausgehoben werden. Ein neuer Ort wird hier entstehen, auch ein kleiner See. Wenn auch noch etwas kleiner als das Original. In rund sechs Jahren, so die Planung der chinesischen Bauherren, soll die Wohnanlage fertiggestellt sein. Die Kosten belaufen sich auf sechs Milliarden Yuan (657 Millionen Euro). Die Chinesen lassen sich ihre Meisterkopien etwas kosten. Manche Konzepte sind offenbar zu erfolgreich, Dörfer zu schön, als dass chinesische Unternehmen darauf verzichten könnten, sie zu übernehmen.

So steht nicht nur in der südchinesischen Stadt Kunming ein Möbelhaus, das sowohl die Geschäftsidee und das Design von IKEA übernommen, als sich auch beim Namen des schwedischen Unternehmens bedient hat. „Yi Jia Jia Ju“ heißt IKEA auf chinesisch, die Kopie „Shi Yi Jia Ju“. Ebenfalls in Kunming ließ die Stadt gerade zwei illegale Apple-Stores schließen, nachdem ausländische Medien über die Kopien berichtet hatten. Und so überraschte im Juni auch das österreichische Hallstatt, UNESCO-Weltkulturerbe im Salzkammergut, die Nachricht, ihr Dorf würde ein zweites mal gebaut, diesmal in China. Samt Kirche und einer nicht maßstabgetreuen Version des Hallstätter Sees.
„Wukuang Hashitate“ heißt das Bauprojekt in der südchinesischen Provinz Guangdong, in dem jetzt Luxuswohnanlagen für reiche Chinesen entstehen sollen. „Hashitate“ ist der chinesische Name für Hallstatt, Wukuang die Abkürzung des ausführenden Staatsunternehmens „China Minmetals“. Ein Stahlkonzern, der neben seinem Hauptgeschäft auch auf dem Immobilienmarkt tätig ist. Über Monate hatten Mitarbeiter des Immobilienzweigs des Unternehmens offenbar heimlich Fotos und Daten des traditionsbewussten Ortes mit rund 900 Einwohnern gesammelt. Örtliche Stellen wurden zunächst nicht informiert.

Inzwischen ist man in Kontakt. Eine Delegation von „Minmetals“ wird in den nächsten Tagen in Hallstatt erwartet, um das Vorhaben Bürgermeister Alexander Scheutz vorzustellen. Im Vorfeld des Treffens beteuerte das Unternehmen nun im Gespräch mit dem Tagesspiegel, dass keine eins zu eins Abbildung Hallstatts entstehen soll. „Wir kopieren das Dorf nicht einfach. Wir bauen lediglich eine hochwertige Wohnanlage, die sich an der typisch österreichischen Architektur anlehnt“, sagte ein Pressesprecher von „Minmetals“. Einen ganzen Ort nachzubauen sei ohnehin nicht machbar, wiegelt das Unternehmen ab.

Eine allzu authentische Nachbildung Hallstatts in Südchina darf man wohl tatsächlich nicht erwarten. Die Region um Huizhou ist von Industrie geprägt, hohe Berge gibt es keine. Der Charme des geschichtsträchtigen österreichischen Ortes, umgeben von alpiner Szenerie, lässt sich gar nicht verpflanzen.

Und doch suchen chinesische Unternehmen immer wieder Inspiration im Westen, um Bauprojekte wie „Hashitate“ zu verwirklichen. So steht das Château de Maisons-Laffitte schon seit Jahren nicht mehr nur nahe Paris, sondern auch am Pekinger Stadtrand. Bei Schanghai findet man die „German Town Anting“, eine deutsche Kleinstadt inspiriert vom Bauhaus-Stil. Nachbildungen englischer Städtchen gibt es gleich zwei – in der Stadt Chengdu und bei Schanghai. Derartige Projekte heben sich von der vorherrschenden Einheitsarchitektur in den meisten Großstädten ab. Sie sind deshalb bei reichen Chinesen beliebt. Allerdings stoßen Chinas „europäische“ Dörfer schon lange nicht mehr nur auf Gegenliebe. „Chinesische Architekten haben den Unterschied zwischen Studieren und Kopieren offenbar nicht verstanden. Das ist nicht allein ein Problem der Architektur“, heißt es in einem Kommentar der englischsprachigen Staatszeitung „Global Times“. Kopien wie im Fall Hallstatt würden den Ruf Chinas als weltweites Zentrum für Nachahmungen nur verstärken. Solange ganze Dörfer kopiert, IKEA-Möbelhäuser oder Apple-Stores nachgebaut werden, wird sich daran vorerst nichts ändern.

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Sonntag, 7. August 2011

Schuldenkrise: China verliert die Geduld mit Amerika

China fordert als größter Gläubiger die USA auf, ihre strukturellen Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen. Die Ratingagentur Standard & Poor's hat die US-Bonität herabgestuft.

Nach der Herabstufung der US-Bonität durch die Ratingagentur Standard & Poor's attackiert China Washington heftig für die US-Schuldenpolitik und stellt die Rolle des Dollars als globale Leitwährung infrage. „Amerika muss für seine Schuldensucht und das kurzsichtige politische Gezerre bezahlen“, hieß es am Samstag in einem Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Als größter Gläubiger Amerikas habe China jedes Recht zu verlangen, dass die USA ihre strukturellen Schuldenprobleme in den Griff bekommen und die Sicherheit chinesischer Dollar-Anlagen sicherstellen“. China, zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, hält rund 1,152 Billionen US-Dollar in US–Staatsanleihen. Auch den Großteil ihrer Devisenreserven hält die Volksrepublik in US-Dollar. Insgesamt belaufen sie sich auf knapp 3,2 Billionen US-Dollar (2,3 Billionen Euro). Marktbeobachter vermuten, Peking sehe in der US-Krise offenbar nicht nur Risiken für die eigenen Investitionen, sondern auch eine Möglichkeit, Chinas Position als führende Kraft in der Weltwirtschaftspolitik auszubauen. Auch die Vorherrschaft des US-Dollars als globale Leitwährung zweifelt China immer offener an. „Es muss über eine neue, stabile und sichere Leitwährung nachgedacht werden. Damit könnte man verhindern, dass ein einzelnes Land eine Katastrophe auslösen kann“, schreibt Xinhua weiter. „Ein bisschen Selbstdisziplin“, heißt es in dem Kommentar weiter, „dürfte den USA kaum schaden.“ Ähnlich sehen das offenbar auch die Finanzexperten der chinesischen Ratingagentur Dagong. Diese stufte die US-Bonität bereits kurz nach der Einigung im Schuldenstreit von „A+“ auf „A“ zurück. Das Schuldenproblem der USA sei „noch nicht langfristig gelöst“. ...

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Dienstag, 12. Juli 2011

Sorgen im Boomland China

Chinas Führung bekommt die Inflation nicht unter Kontrolle. Die Provinzen und Kommunen der Volksrepublik häufen enorme Schuldenberge an. Das aktuelle Wirtschaftsmodell des Landes gerät an seine Grenzen.

Wiederholt hat Chinas Regierung in den letzten Monaten betont, dass sie zuversichtlich sei, die rasante Inflation im Land in den Griff zu bekommen. Doch Zuversicht muss auch im Boomland China manchmal der Realität weichen. So gab Ministerpräsident Wen Jiabao Ende Juni erstmals zu, dass das ausgegebene Inflationsziel von vier Prozent im laufenden Jahr wohl nicht zu halten sei. Am Wochenende gab das Nationale Statistikamt einen unerwartet starken Anstieg der Teuerungsrate im Juni von 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat bekannt – ein Dreijahreshoch. Im Mai lag der Wert noch bei 5,5 Prozent. Sorgen machen der Regierung besonders die steigenden Lebensmittelpreise, die zu sozialen Unruhen führen könnten. Die Preise für Lebensmittel stiegen um 14,4 Prozent. Und das, obwohl Chinas Zentralbank in den letzten Monaten zahlreiche Maßnahmen getroffen hat, um die Inflation zu dämpfen. Seit Oktober hat sie den Leitzins bereits fünf Mal erhöht und die Kapitalanforderungen für die Mindestreserven der Banken neun Mal, um Liquidität abzuschöpfen. Immerhin gehen Finanzexperten nun davon aus, dass die Schritte der Zentralbank bald wirken. „Der Verbraucherpreisindex hat im Juni sein Jahreshoch erreicht. Der Anstieg wird sich in der zweiten Jahreshälfte voraussichtlich verlangsamen", erklärte Lu Zhiming, Ökonom der „Bank of Communications“, vergangene Woche der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Laut Lu wird der Inflationsdruck insgesamt aber auf hohem Niveau bleiben.

Neben der Inflation rückt die Verschuldung chinesischer Regionalregierungen immer mehr in den Vordergrund. Da diese eigentlich keine Kredite aufnehmen dürfen, haben sie Tausende Investmentgesellschaften gegründet, an die Chinas Banken dann großzügig Gelder verliehen haben. Die Kredite wurden meist für gigantische, nicht immer wirtschaftlich sinnvolle Infrastrukturprojekte oder für spekulative Immobiliengeschäfte verwendet. Dabei erfolgte die Vergabe der Kredite häufig ohne genügende Bonitätsprüfungen. Vor Kurzem warnte die Ratingagentur Moody's, dass sich die Verschuldung der Lokalregierungen zu einem ernsthaften Risiko für Chinas Banken entwickeln könnte. Auf welche Höhe sich die Schulden belaufen, ist allerdings unklar – für viele Analysten ein Grund mehr zur Besorgnis. Während die Regierung in Peking offenbar von Verbindlichkeiten von rund zehn Billionen Yuan (etwa 1,09 Billionen Euro) ausgeht, rechnen unabhängige Experten mit weitaus höheren Summen. Mit einem gigantischen Konjunkturprogramm hatte Peking 2008 begonnen, die Volksrepublik durch die weltweite Finanzkrise zu steuern und die Kreditvergabe angekurbelt. Ein großer Teil der derzeitigen Schulden stammt aus dieser Zeit. Wie viele Kredite die Provinzen tatsächlich zurückzahlen können, muss sich noch zeigen.

Der unabhängige Ökonom Andy Xie fordert deshalb eine grundlegende Reform der chinesischen Wirtschaftspolitik. „Chinas Aufschwung ist zu abhängig von der Immobilienblase und Lokalregierungen geworden, die geliehenes Geld ausgeben“, schreibt Xie in einem Beitrag für die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“. Eine Straffung der Geldpolitik und eine weitere Verlangsamung des Wachstums hält er deshalb für notwendig. Gleichzeitig fordert er wie zahlreiche Experten, die Umstellung der Wirtschaftsstruktur voranzutreiben, weg von der Billigproduktion hin zur Produktion hochwertiger Güter und zur modernen Dienstleistungsgesellschaft. „Einfach nur Geld zu drucken, ist auch kurzfristig keine Lösung mehr“, so Xie.

Auch in Chinas Führung scheint sich diese Erkenntnis durchgesetzt zu haben. So hat man bereits mit dem Umbau der Wirtschaft begonnen. Ob dieser aber schnell genug gelingt, um eine größere Krise zu vermeiden, bleibt abzuwarten. Auch im Umgang mit der Inflation zeigt sich, auf welch schmalem Grad sich die Regierung derzeit bewegt. Sie muss die Inflation unter Kontrolle bekommen, um die soziale Stabilität im Land nicht zu gefährden. Gleichzeitig fürchtet Peking, das Wachstum der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt mit einer zu rigiden Geldpolitik abzuwürgen – was auch Folgen für die weltweite Konjunktur haben würde.

(c) hao.de

Samstag, 2. Juli 2011

Reform und Repression

Chinas KP feiert 90. Geburtstag / Zum Machterhalt setzt sie auf Wachstum – und auf Unterdrückung

Überall im Land feiern „rote“ Revolutionslieder Wiederauferstehung, in denen die Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) verherrlicht wird. Pünktlich zum 90. Geburtstag der Partei, die am 1. Juli 1921 gegründet wurde, hat die Präsenz revolutionären Liedguts ihren Höhepunkt erreicht. Der Kampf der KPCh gegen ausländische Kräfte, die Gründung der Volksrepublik und auch der Öffnungsprozess unter Wirtschaftsreformer Deng Xiaoping – auf all das wird gerne zurückgegriffen, um die Einparteienherrschaft der KPCh zu feiern. Die Verbrechen Mao Tse-tungs werden bei der Rückschau einmal mehr ausgespart. Eine Debatte über dessen Herrschaft, die Millionen Chinesen das Leben kostete, soll vermieden werden.

Dabei hat die Mao-Ära die folgenden Parteigrößen nachhaltig geprägt. „Das Leid unter Mao hat Chinas Führer der 1980er Jahre davon überzeugt, dass sie ökonomisch reformieren müssen, um ihre Legitimation wieder herzustellen, ihre Macht erhalten zu können“, sagt der Chinaexperte John Lee vom Zentrum für unabhängige Studien in Sydney der Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“.

Tatsächlich ist es die Öffnung nach außen, die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte Chinas, die den Machterhalt der KPCh noch heute garantiert. Sie ist eine Antwort auf die Frage, warum die KPCh an der Macht ist, während kommunistische Parteien weltweit in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind – abgesehen von Staaten wie Kuba und Nordkorea, die unter kommunistischer Führung weitgehend isoliert und bankrott sind. „China hat sich in den letzten 30 Jahren aufgrund der Reform- und Öffnungspolitik rasant entwickelt. Unser Land muss diese Entwicklung fortsetzen“, erklärte Chinas Staatspräsident Hu Jintao am Freitag in seiner Festrede in Peking.
Demokratischen Reformen erteilte er eine Absage. Reformiert wird lediglich die Wirtschaft. Nur wachsender Wohlstand in der Bevölkerung sichert die Stabilität Chinas und damit die Macht der Partei, glaubt man in der Führung der KPCh.

Autoritäre Politik, gepaart mit kapitalistischer Wirtschaft, von Peking als „Sozialismus chinesischer Prägung“ bezeichnet, scheint ein Erfolgsmodell zu sein, an dem sich einige asiatische und afrikanische Staaten orientieren wollen. Doch der Aufschwung ist für die KPCh Heilsbringer und Problem zugleich. Immer weiter klafft der Abstand zwischen Arm und Reich. Noch immer leben Millionen Chinesen in Armut. Die Umweltzerstörung schreitet als Folge jenes ungebremsten Wachstums voran, das auch die Korruption in der Partei befeuert. Ob sich solche gesellschaftliche Probleme dauerhaft ohne politische Öffnung, ohne unabhängige Kontrollinstanzen lösen lassen, wird über deren Zukunft entscheiden.

Der Führung in Peking bleiben die Probleme nicht verborgen, doch nicht jedes lässt sich mit Geld und Härte lösen. Vergeblich versucht Peking zum Beispiel seit langem mit großangelegten Kampagnen und drakonischen Strafen, die ausufernde Korruption in der Partei in den Griff zu bekommen – ohne Erfolg. „Der Kampf gegen die Korruption bleibt eine wichtige Aufgabe und die Aufgabe ist noch mühsam“, gab Hu Jintao in seiner Rede zu. Besonders der Ruf lokaler Funktionäre ist in der Bevölkerung äußerst schlecht.

Doch mehr als die Korruption in den eigenen Reihen fürchtet Chinas Führung offenbar abweichende Meinungen. Anders lässt sich die verschärfte Verfolgung von Regimekritikern der letzten Monate kaum erklären. Der Künstler Ai Weiwei ist vorläufig frei, darf aber nicht frei sprechen. Weitere Regimekritiker werden eingeschüchtert, verschleppt oder sitzen in Haft. Unterdrückung und Verfolgung – allein darauf zu vertrauen, dass der wirtschaftliche Aufschwung den sozialen Frieden und damit auch den Machterhalt der KPCh dauerhaft sichert, will Chinas Führung nicht. Wer weiß, ob dieser auch in Zukunft anhält. Mit dem Instrument der Unterdrückung hat die KPCh in ihrer langen Geschichte ohnehin mehr Erfahrung.

www.tagesspiegel.de

Donnerstag, 30. Juni 2011

Presseschau China: 05/11

Der Besuch von Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao in Berlin hat in der chinesischen Staatspresse ein positives Echo hervorgerufen. Wen und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten bei den ersten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen Anfang der Woche die Gemeinsamkeiten beider Länder betont. Was noch an Unstimmigkeiten, zum Beispiel in Sachen Menschenrechte, blieb, hat Chinas Staatspresse weitgehend ignoriert. Kaum verwunderlich, dass die Zeitung „China Daily“ sich vornehmlich um die Handelsbeziehungen beider Länder kümmerte. Die Überschrift der Titelgeschichte in der Mittwochsausgabe der „China Daily“ lautet dementsprechend: „15 Milliarden US-Dollar Verträge mit Deutschland unterschrieben“. In einem weiteren Bericht beschwörte die Zeitung den Erfolg der Reise von Wen Jiabao und die engen Beziehungen zu Deutschland. Gleichzeitig betonten Experten aber die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China. „Sie müssen mit uns kooperieren“, sagte etwa der ehemalige chinesische Botschafter in Deutschland, Mei Zhaorong, weil Deutschland nach der Finanzkrise große Hoffnung in China setze. China-Daily_2906
Erstaunlicher Weise schaffte es auch Tobias Schlegl, NDR-Journalist der Satiresendung „Extra Drei“ in die „China Daily“. Nach einer Pressekonferenz versuchte er, Wen Jiabao und Merkel eine goldene Katzenfigur mit einem Knüpel in der Pfote zu überreichen. „Freie Fahrt für die Wirtschaft, wer braucht da noch Menschenrechte", soll Schlegel gerufen haben. Das haben Chinas Journalisten offenbar nicht verstanden, druckten ein Bild mit dem freundlichen Schlegl ab, der laut Bildunterschrift lediglich ein „Geschenk“ überreichen wollte.

(c) hao.de

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