Donnerstag, 13. Januar 2011

Chinas harte Schule

Schüler lernen bis spätabends, ihr Leben richtet sich nach Prüfungen. Gibt der Pisa-Erfolg dem Land recht?

„Wenn ich groß bin, möchte ich als Taekwondo-Profi für China die Olympischen Spiele gewinnen oder als Polizist in Australien arbeiten“, erzählt der zehnjährige Li Junxing. Auch chinesische Schulkinder haben Träume. Ihnen bleibt aber nur selten Zeit, diesen nachzuhängen. Wie die meisten chinesischen Schüler hat Junxing einen vollgepackten Stundenplan. Auf den regulären Unterricht folgen Lerngruppen, Sprachunterricht und andere Zusatzaktivitäten. Bis 16 Uhr hat Junxing, der in die 6. Klasse eines modernen Internats geht, täglich Unterricht. Danach muss er Hausaufgaben machen. Zusätzlich bekommt er Klavierunterricht, Taekwondostunden und zweimal die Woche privaten Englischunterricht. „Ich habe schon genug Zeit zu spielen. Nur wenn Prüfungen anstehen, wird es eng“, sagt der Pekinger Schüler.

Für deutsche Verhältnisse scheint Li Junxings Lernpensum bereits hoch. Sein Zeitplan ist strikt – doch er darf abends immerhin auch mal Radio hören oder einen Film gucken. Dafür bleibt anderen chinesischen Schulkindern kaum Zeit. Denn ein normaler Schultag mit Hausaufgaben und Privatunterricht dauert oft bis 21 Uhr. „Der gesellschaftliche Druck auf unsere Kinder, aber auch auf uns Eltern, die beste Bildung für unsere Kinder zu ermöglichen, ist groß“, sagt Junxings Mutter Zhu Ying, die wie ihr Mann im Finanzbereich arbeitet. Sie weiß, dass sie ihrem Sohn viel zumutet. „Aber mit den zusätzlichen Aktivitäten wie dem Klavierspielen oder dem Taekwondo wollen wir unserem Sohn eine Welt eröffnen, die seine Schule ihm nicht bieten kann“, sagt sie. Platzierungen bei Wettbewerben seien ihr nicht so wichtig. Eine Einstellung, die wohl nur wenige chinesische Eltern teilen.

Denn ob in Peking oder in Schanghai, ob in der Schule oder beim Privatunterricht, das Ziel chinesischer Eltern bleibt das gleiche – sie alle wollen sehr gute Noten für ihre Kinder. Nur diese ermöglichen den Zugang zu guten Universitäten, Grundvoraussetzung für einen gut bezahlten Job. Bei der Bewertung der Schüler setzt Chinas Schulsystem schon bei den Jüngsten auf regelmäßige Tests. Ohne hohe Punktzahlen bleiben den Kindern die guten Mittelschulen verschlossen. Gleiches gilt in der Prüfung der 5. Klasse, die bestimmt, ob man eine der besseren Oberschulen besuchen kann. Am Ende entscheidet die wichtige Aufnahmeprüfung („Gaokao“), ob man einen Studienplatz bekommt. Deshalb lernen chinesische Kinder so intensiv für Prüfungen, deshalb konzentrieren sie sich vor allem aufs Auswendiglernen. Und deshalb ist ihr Leben ein einziger Wettbewerb.

Regelmäßige Tests und Lernen bis zur Erschöpfung. Sieht so das Bildungsmodell der Zukunft aus? Ist das eine Lehre aus der Pisa-Studie? Zum ersten Mal haben Schüler vom chinesischen Festland aus der Millionenmetropole Schanghai an der Studie teilgenommen und gleich herausragende Ergebnisse in Mathematik, Naturwissenschaften und auch beim Lesen und Verstehen von Texten erzielt. Doch während man in Europa und den USA voller Anerkennung und auch etwas überrascht auf das gute Abschneiden der chinesischen Schüler schaut, warnen chinesische Bildungsexperten davor, die Ergebnisse überzubewerten. So schreibt Jiang Xueqin, Bildungsexperte der Pekinger Universität, im „Wall Street Journal“, Chinas Schulsystem sei zwar „mit seinen fordernden Eltern, ambitionierten Schülern und seiner Testbesessenheit das strengste der Welt“. Während die Welt dieses System jetzt lobe, sei China aber gerade dabei, dessen Schwächen zu begreifen. Viele chinesische Schulen würden daran scheitern, Schüler auf eine höhere Bildung und eine wissensorientierte Wirtschaft vorzubereiten.

Eines der größten Probleme bleibe, dass die Schüler zu sehr aufs Auswendiglernen getrimmt werden. „Wie kann man eine starke Vorstellungskraft und Kreativität entwickeln, wenn man nur auswendig lernen darf, was in den Lehrbüchern steht. Wenn einem gesagt wird, dass es nur eine richtige Antwort auf eine Frage gibt“, heißt es in einem Kommentar der Zeitung „China Daily“, im Dezember kurz nach der Bekanntgabe der Pisa-Ergebnisse. Auf Kosten einer glücklichen Kindheit würden chinesische Kinder zu professionellen Prüflingen herangezogen. Glaubt man der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), hat Chinas Regierung einige Fehlentwicklungen im Bildungssystem erkannt. „In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die chinesische Politik darum bemüht, die Prüfungsorientierung des Systems zu mindern“, heißt es in einem Dokument der OECD, das sich mit dem chinesischen Bildungssystem befasst. Auch den Arbeitsaufwand der Schüler versuche China zu reduzieren.

Doch ebenso wie chinesische Experten kommt auch die OECD zu dem Schluss, dass diese Anstrengungen bisher noch nicht genügend gefruchtet haben. Ein Blick in den Alltag von chinesischen Schulkindern genügt, um sich davon zu überzeugen. „An manchen Tagen schlafen mir die Kinder im Unterricht ein. So erschöpft sind sie“, sagt Lu Hua, die an einer der vielen privaten Sprachschulen in Peking Englisch unterrichtet. Schon Dreijährigen habe sie Englisch beibringen sollen, die noch kaum ihre eigene Sprache beherrschten. Großer Leistungsdruck und eine Prüfungsorientierung, die jegliche Kreativität verhindern – abgesehen von diesen Fehlern im System darf auch nicht übersehen werden, dass an dem Pisa-Test lediglich Schüler aus Schanghai und aus Hongkong teilgenommen haben. In der Pisa-Studie wird deutlich ausgewiesen, dass die Ergebnisse nicht für ganz China gelten, sondern nur für diese beiden Regionen. Doch diese sind bei weitem nicht repräsentativ für das ganze Land. Schanghai hat als reiche Hafenstadt für das chinesische Festland traditionell immer eine Vorreiterrolle eingenommen, kann viel Geld in Bildungseinrichtungen fließen lassen.

Auch der Pisa-Chef bei der OECD, Andreas Schleicher, sagt, in Schanghai sei jetzt schon zu beobachten, wie es in Gesamtchina in zwanzig Jahren aussehen werde. Videostudien von Schulstunden in Schanghai hätten ergeben, dass der Unterricht nicht mehr aufs Pauken von Faktenwissen reduziert sei. Vielmehr werde „anspruchsvoller“ Unterricht gegeben, der weit über das bloße Reproduzieren von Wissen hinausgehe. Lehrer würden individuell auf die Bedürfnisse ihrer Schüler eingehen. Daher sei es nicht verwunderlich, dass Schüler bei der Pisa-Studie gut abschneiden, die ja gerade nicht Fakten abfragt, sondern herausfinden will, wie Schüler Wissen anwenden können. Hongkong, dessen Schüler den vierten Platz bei Pisa belegten, ist ein noch offensichtlicherer Sonderfall. Mit seiner Vergangenheit als britische Kronkolonie gilt auch bei der Bildung das Motto „ein Land, zwei Systeme“. Mögen einige andere chinesische Großstädte noch an dieses Spitzenniveau heranreichen – die Bedingungen in den ländlichen Regionen sehen deutlich schlechter aus.

Die ungleiche Verteilung der Bildungschancen hat nicht nur eine geographische Komponente, sondern auch eine soziale. Etwa 30 Millionen Wanderarbeiterkinder im schulfähigen Alter gibt es laut OECD, deren Eltern auf der Suche nach Arbeit in chinesische Großstädte strömen. Zwei Drittel dieser Kinder kommen mit ihren Eltern in die Großstädte, während etwa zehn Millionen bei Verwandten in den Heimatdörfern zurückgelassen werden. Die Wanderarbeiterkinder in den Großstädten haben zwar gute Schulen vor ihrer Haustür, dürfen diese aber nicht immer besuchen. Weil sie wie ihre Eltern keine Stadtbürgerschaft (Hukou) besitzen, werden sie in vielen Metropolen von Sozialleistungen – wie einem kostenlosen Schulbesuch – ausgeschlossen. Für den Schulbesuch ihrer Kinder haben Wanderarbeiter zudem häufig kein Geld. Zwar will Chinas Führung die Situation verbessern. Doch der Fortschritt kommt nur langsam. Zumindest für die Hauptstadt Peking hat eine Initiative aus Bürgerrechtlern und Eltern nach langen Protesten erreicht, dass jedes Kind, egal ob es ein Hukou besitzt oder nicht, zur Schule gehen kann – einschließlich der Mittelschule. Der Zugang zur Universität in Peking ist Wanderarbeiterkindern aber noch immer versperrt.

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Die Welt im Angebot

Mit seinem wirtschaftlichen Expansionskurs gewinnt China im Ausland an Einfluss.

Für zwei Milliarden Dollar übernimmt der chinesische Staatskonzern Bluestar den norwegischen Siliziumhersteller Elkem. Solarmodule, Computer oder Mobiltelefone – für die Herstellung solcher Produkte benötigt man Silizium. Vordergründig ist die Übernahme, die zu Beginn der Woche bekannt wurde, nicht mehr als eine kurze Unternehmensnachricht. Doch sie sagt viel darüber aus, wie China weltweit Geschäfte macht. Denn mit der Übernahme sichert sich der chinesische Konzern vor allem europäisches Fachwissen für die heimische Solarindustrie. Doch auch der Blick auf den chinesischen Konzern Bluestar selbst lohnt sich, um zu erkennen, wie stark China sich im Ausland wirtschaftlich engagiert. Der Konzern ist fest in staatlicher Hand, lediglich der US-Finanzinvestor Blackstone hält einen kleinen Anteil. An Blackstone wiederum ist China beteiligt. Dass chinesische Investoren weltweit vertreten sind, überrascht mittlerweile kaum jemanden mehr. Doch der Expansionskurs beeindruckt vor allem den Westen. Während dieser noch immer mit den Auswirkungen der Finanzkrise zu kämpfen hat, ist China deutlich besser durch die diese gekommen. 2010 vermutlich zur weltweit zweitgrößten Wirtschaftsmacht nach den USA herangewachsen, hat die Volksrepublik deutlich an Selbstbewusstsein und finanzieller Schlagkraft gewonnen. Mit großer Selbstverständlichkeit kaufen chinesische Konzerne, gestützt von staatlicher Seite, westliche Unternehmen. Ein prominenteres Beispiel - im März 2010 übernahm der chinesische Geely-Konzern den schwedischen Autobauer Volvo, verschafft sich so Zugang zu neuester Technologie und europäischen Märkten.

Immer selbstbewusster treten China und dessen Unternehmen auf. Dieses Selbstbewusstsein stützt sich auch auf die riesigen Devisenreserven, die das Land angehäuft hat. Am Dienstag verkündete die Zentralbank in Peking, dass die Reserven im vergangenen Jahr um 18,7 Prozent auf 2,85 Billionen US-Dollar (rund 2,2 Billionen Euro) gestiegen seien. Auf zehn Prozent wird das Wirtschaftswachstum für 2010 geschätzt, erreicht damit Höhen von denen man in die USA und Europa nur träumt. Aus dieser starken Position heraus kauft sich China schon seit Längerem im Westen ein, besitzt Anteile an US-Großbanken wie Fannie Mae und Freddie Mac, der Barclays Bank oder eben dem Finanzinvestor Blackstone. Spätestens in der weltweiten Finanzkrise, die 2008 ihren Anfang in den USA hatte, beginnt China sein Image als Retter in der Not zu etablieren.

Und Peking wird immer mehr zum Geldgeber eines strauchelnden Westens. Auch in der aktuellen Eurokrise, springt China ein. Ob Griechenland, Portugal, Italien oder Irland. Die chinesische Führung vergibt großzügig Kredite und kauft sich über Staatsanleihen in Europa ein. Erst Anfang Januar kündigte man an, weitere spanische Anleihen kaufen zu wollen. „Wir sind ein zuverlässiger und langfristiger Investor und setzen deshalb auf den Finanzplatz Spanien“, erklärte der chinesische Vize-Premierminister Li Keqiang in Madrid. Li kündigte außerdem an, mehr europäische Staatsanleihen kaufen zu wollen. Die Gründe für Chinas Hilfeleistungen sind vielfältig, aber keinesfalls selbstlos. Denn noch ist man in hohen Maßen von den Exporten abhängig, die EU der wichtigste Außenhandelspartner des Landes. Hinzu kommt, dass China etwa ein Viertel seiner Devisenreserven in Euro angelegt hat. Deshalb, und weil man sich langfristig ein gutes Geschäft mit den europäischen Staatsanleihen verspricht, stützt China den Euro. Daneben hofft die Führung in Peking mit ihrem wirtschaftlichen Engagement auch politischen Einfluss innerhalb der EU zu gewinnen. So will man eigene Interessen durchsetzen. Dabei mehren sich seit Längerem die Stimmen, die den wachsenden Einfluss Chinas in der EU kritisieren. Ende 2010 hatte sich EU-Kommissar Karel De Gucht über die Einflussnahme Pekings beschwert. Die EU-Kommission sah schon damals mit Sorge, wie Chinas Führung Druck auf Mitgliedstaaten ausübte, damit sie gegen Strafzölle auf chinesische Dumpingware stimmen.

Doch die chinesische Führung und ihre Staatsunternehmen haben den Blick nicht nur nach Westen gerichtet. Außer bei benachbarten Handelspartnern in Asien, kann Chinas Expansionskurs am Besten in Afrika beobachtet werden. Zwischen 2000 und 2008 hat sich das Handelsvolumen zwischen China und Afrika von 10,6 auf 106,8 Milliarden US-Dollar verzehnfacht. Seit 2010 ist die Volksrepublik wichtigster Handelspartner des afrikanischen Kontinents, verfolgt vor allem ein Ziel. „Natürlich geht es um Rohstoffe“ sagt der Experte David Engelhardt vom Institut für Afrikanistik der Universität Leipzig. Auch der Handel mit Maschinen, Textilien und Transportgütern sei bedeutend. China investiert massiv in den Kontinent, verwirklicht prestigeträchtige Infrastrukturprojekte und verschafft sich so Zugang zum afrikanischen Markt. Straßenprojekte in Kenia, Flughafenausbau in Algier oder der Merowe-Staudamm im Sudan – China leistet Aufbauhilfe. Ob es dabei Simbabwes Autokraten Robert Mugabe unterstützt oder den sudanesischen Präsidenten Omar al Baschir, der für Kriegsverbrechen in der Region Darfur verantwortlich gemacht wird, China kümmert sich nicht um den Leumund seiner Geschäftspartner. Als „selbstlose Hilfe“ bezeichnete Kenias Präsident Kibaki Chinas Engagement für sein Land einst. Doch Afrika soll vor allem Chinas Energiehunger stillen, um das chinesische Wachstum anzuheizen. Doch das Engagement nützt nicht nur den Chinesen. „Viele afrikanischen Länder bestätigen, dass durch das chinesische Engagement eine neue Wirtschaftsdynamik entstanden ist“, sagt Margot Schüller vom GIGA Institut für Asien-Studien. Die wachsende Nachfrage Chinas nach Energie und Rohstoffen habe die Preise erhöht, die Einkommenschancen der Länder verbessert. Völlig reibungslos wirtschaften chinesischen Unternehmen in Afrika allerdings nicht. Zumindest in der Bevölkerung sind chinesische Arbeitgeber häufig unbeliebt, weil sie nicht selten unter miserablen Bedingungen und zu Hungerlöhnen produzieren lassen. Auch anderswo hat die Volksrepublik ein Imageproblem. Denn viele Staaten mögen zwar von Chinas globaler Expansion profitieren, doch die aufstrebende Wirtschaftsmacht aus China wird vor allem im Westen immer häufiger als Konkurrent gefürchtet. Zur gewaltig ist dessen Wirtschaftskraft, zu selbstbewusst treten Chinas Führer auf, um diese nicht ernst zu nehmen.

Donnerstag, 6. Januar 2011

„Wir sind langfristige Investoren“

Porträt Li Keqiang, chinesischer Vize-Premier

Chinesische Spitzenpolitiker sind in Europa derzeit gerngesehene Gäste. Seitdem die Währungskrise zahlreiche Eurostaaten erschüttert, schwärmen Chinas Funktionäre aus, um gebeutelten Ländern der Europäischen Union (EU) finanzielle Unterstützung zuzusichern. In der Eurokrise inszeniert sich China gekonnt als Helfer. Ob Staats- und Parteichef Hu Jintao beim Besuch in Portugal oder Regierungschef Wen Jiabao in Griechenland - Chinas Mächtige stützen EU-Länder mit dem verstärkten Kauf von Staatsanleihen. Am Dienstag durfte sich auch Chinas Vizepremier Li Keqiang bei seinem Besuch in Spanien als Retter in der Not präsentieren. „China ist ein verantwortlicher, langfristiger Investor, sowohl am europäischen als auch am spanischen Finanzmarkt“, erklärte Li in einem Gastbeitrag für die spanische „El País“.

Unter diesen Voraussetzungen kann der 55-jährige Li, der als Nachfolger von Wen Jiabao gilt, seine derzeitigen Europareise durchaus genießen. Mit der Wirtschaftskraft seines Landes im Rücken, fällt ihm seine Werbetour für chinesische Interessen leicht. Die Eurokrise ist Chinas Chance, um politischen Einfluss innerhalb der EU zu gewinnen. Die Li Keqiang nachgesagte Fähigkeit, sein Temperament zu kontrollieren, auch in schwierigen Situationen stets sein Lächeln zu bewahren, dürfte auf dessen Europatour deshalb kaum geprüft werden. Auch für seine dreitägige Deutschlandvisite, zu der Li heute in der Hauptstadt eintrifft, droht diesbezüglich keine Gefahr. Denn im deutsch-chinesischen Dialog spielt der Wirtschaftsaustausch derzeit die Hauptrolle.

Die deutsche Regierung misst dem Besuch des chinesischen Vizepremiers, der hier zu Lande noch relativ unbekannt ist, offenbar einige Bedeutung bei. So trifft der studierte Ökonom Li unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Außenminister Guido Westerwelle und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle zusammen. Die deutsche Politprominenz kann sich auf einen durchaus eloquenten und offenen Gesprächspartner freuen. Diese Offenheit dürfte Li im Führungszirkel der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) aber auch einigen Ärger eingebracht haben. Laut US-Diplomatenberichten, die über Wikileaks veröffentlicht wurden, soll Li die Wirtschaftsstatistiken Chinas 2007 im Gespräch mit dem damaligen US-Botschafter als manipuliert bezeichnet haben. Dennoch gilt Li weiterhin als treuer Parteisoldat. Mit damals 43 Jahren jüngster Gouverneur einer chinesischen Provinz, schon seit 1997 Mitglied im Zentralkomitee der KPCh wurde Li 2007 in den Ständigen Ausschuss des mächtigen Politbüros berufen. Präsident Hu förderte Li Keqiang stets, weshalb Beobachter lange Zeit damit gerechnet hatten, dass Li dessen Nachfolge antreten würde. Doch nachdem Konkurrent Xi Jinping zum stellvertretenden Chef der Streitkräfte befördert wurde, wird dieser vermutlich 2012 Hu Jintao an der Parteispitze und ein Jahr später an der Staatsspitze ablösen.

Li Keqiang ist bisher für Finanz- und Wirtschaftsfragen zuständig, soll Bürokratie und Korruption bekämpfen, um eine effiziente politische Verwaltung für die chinesische Wirtschaft aufzubauen. Wirtschaftsreformen gelten ohnehin als Lieblingsthema des ehrgeizigen Politikers, der sich stets um ausländische Investoren bemüht - von denen gibt es in Deutschland einige.

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Montag, 3. Januar 2011

Wenn Obst unbezahlbar wird

Die Preise in China steigen rasant – Regierung will Wachstum nicht gefährden

Normalerweise reagieren Chinesen eher vorsichtig, wenn sie von ausländischen Journalisten befragt werden. Doch wenn es um die steigenden Lebensmittelpreise geht, ist es um jede Zurückhaltung geschehen. „Es ist sehr, sehr teuer geworden, einzukaufen“, beschwert sich die 56-jährige Hausfrau Yang Yufen aus Peking lautstark. „Der Preis für Kohl hat sich seit Herbstbeginn fast vervierfacht“, so Yang weiter. Mittlerweile ernährt sich die Hausfrau beinahe ausschließlich von einem Vorrat an Kartoffeln, den sie sich schon vor einiger Zeit angelegt hatte. Nur selten geht Yang noch in den Supermarkt. Auch die 62-jährige Lu Yutong muss sich einschränken.
Obst kann sich die Reinigungskraft kaum noch leisten. „Die hohen Preise werden langsam zum Problem. Aber wir müssen ja essen“, sagt Lu.

Im Schnitt sind die Nahrungsmittelpreise im November um 11,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, Obst allein gar um 28 Prozent. Die steigenden Kosten treffen die große Mehrheit der chinesischen Geringverdiener. Nicht nur auf der Straße, sondern auch im Internet wird über die rasant steigenden Lebensmittelpreise diskutiert. Gerade erst wählten chinesische Internetnutzer das Schriftzeichen, das den rapiden Preisanstieg beschreibt, zum Schriftzeichen des Jahres. In den Städten hat sich aufgrund der steigenden Preise sogar ein neuer Einkaufstrend entwickelt. Immer mehr Menschen schließen sich im Internet zu Gruppen zusammen, die durch größere Abnahmemengen bei Lebensmitteln Preisnachlässe erzielen.

Die Inflation in der Volksrepublik ist auf den höchsten Stand seit 28 Monaten geklettert. Im November stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,1 Prozent. „Der Preisanstieg übertrifft unsere Erwartungen“, sagte Sheng Laiyun, Sprecher des Nationalen Statistikamtes in Peking Mitte Dezember. Während die anziehenden Lebensmittelkosten in Millionenmetropolen wie Peking deutlich zu spüren sind, könnte die Situation auf dem Land regelrecht dramatisch werden. Nach offiziellen Angaben beträgt das jährlich verfügbare Pro-Kopf-Einkommen auf dem Land gerade einmal durchschnittlich 5153 Yuan (etwa 587 Euro) – über ein Drittel weniger als in der Stadt. Bis zur Hälfte ihres Einkommens müssen arme Familien in der Regel für Essen ausgeben.

Chinas Regierung ist sich der schwierigen Lage durchaus bewusst, gelten die steigenden Preise doch als Gefährdung für den sozialen Frieden. Schon seit geraumer Zeit bläst die Führung in den staatlichen Medien zum Kampf gegen die Inflation, um die Bevölkerung zu beruhigen. Auch auf der jährlichen Wirtschaftskonferenz, die den Kurs für das neue Jahr festlegte, warnten Chinas Führer gerade erst, nicht blindlings hohes Wachstum zu verfolgen. Sowohl die Beschäftigung als auch der Lebensstandard der Menschen solle gesteigert werden. Doch ganz so energisch, wie es die Regierung darstellt, will man den Kampf gegen die Inflation offenbar nicht aufnehmen. Denn dem soll das zügige Wachstum nicht zum Opfer fallen. Vielmehr scheint Peking ein Gleichgewicht zwischen dem Bestreben nach Preisstabilität und einem starkem Wachstum anzupeilen. Nach offiziellen Angaben will die Regierung im kommenden Jahr nun eine Inflationsrate von vier Prozent zulassen. Um soziale Unruhen zu vermeiden, hatte die chinesische Regierung für 2010 noch eine Inflationsrate von drei Prozent als Grenzwert ausgegeben. Auch die Kreditvergabe wollen die Behörden offenbar nicht so stark drosseln, wie es viele Experten erwartet hatten. Das Kreditvolumen soll 2011 lediglich auf dem Niveau von 2010 gehalten werden.

An den internationalen Finanzmärkten dürften die chinesischen Vorgaben für etwas Beruhigung sorgen. Hier hatte man befürchtet, dass die Regierung mit allen Mitteln gegen den Preisanstieg vorgehen und so das Wirtschaftswachstum abwürgen könnte – mit negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Den einfachen Chinesen dürfte die Stimmung an den Finanzmärkten egal sein. Sie müssen sich auch 2011 mit steigenden Preisen auseinandersetzen. Der rasante Preisanstieg, den viele Chinesen schon jetzt kaum noch abfedern können, gilt als größte Sorge der Bevölkerung. Deren Unmut bekommen bisher vor allem die Besitzer der kleinen Lebensmittelgeschäfte zu spüren. „Meine Kunden beschweren sich viel über die hohen Preise, kaufen weniger Obst und Fleisch“, sagt der Pekinger Ladenbesitzer Jin Shuxian.

Freitag, 31. Dezember 2010

China in grün?

Mit drastischen Zulassungsbeschränkungen für Fahrzeuge wollen die Behörden in Peking das Verkehrschaos in der Hauptstadt in den Griff bekommen. Weitere chinesische Metropolen könnten dem Beispiel folgen. Die Maßnahme passt zu den Bemühungen der chinesischen Führung, den Umweltschutz im ganzen Land voranzutreiben.

Es ist gar nicht so lange her, dass Peking als Fahrradstadt galt. Tausende Menschen, die jeden Morgen auf ihren Rädern aus den Außenbezirken zur Arbeit in die Stadt fuhren, prägten das Bild von Chinas Hauptstadt. Doch dieses Bild ist verblasst. Peking ist fest in der Hand der Automobile. Rund fünf Millionen Fahrzeuge quälen sich nach offiziellen Angaben durch die Straßen der Stadt. Jeden Tag werden etwa 2 000 neue Autos zugelassen. Längst steht der Straßenverkehr der Metropole mit annähernd 20 Millionen Einwohnern vor dem Kollaps. Meist nur noch im Schritttempo rollt die Blechlawine durch die Stadt. Staus und schlechte Luft – das ist die derzeitige Realität. Deshalb sehen sich die Behörden der Hauptstadt nun zum Handeln gezwungen. Für das neue Jahr hat Pekings Stadtrat in der letzten Woche eine drastische Beschränkung der Fahrzeugzulassungen beschlossen. 2011 soll es in der Hauptstadt demnach nur noch 240 000 neue Zulassungen geben, das zusätzliche Verkehrsaufkommen um zwei Drittel reduziert werden. Schon jetzt ist ein neues System in Kraft getreten, nach dem im Lotterieverfahren Fahrzeugzulassungen verteilt werden. „Die Zahl der Autos in Peking ist aufgrund des Fortschritts und der Urbanisierung schnell gewachsen. Wenn wir jetzt nicht entschieden handeln, wird die Situation noch schlimmer“, sagte Zhou Zhengyu, Vize-Generalsekretär der Pekinger Stadtregierung laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Die Ankündigung der Behörde hat bei chinesischen aber auch bei internationalen Automobilkonzernen für Unruhe gesorgt. Vor allem, weil Peking ein Vorbild für weitere chinesische Millionenstädte sein könnte, die Fahrzeughersteller somit einen Rückgang der Verkaufszahlen befürchten müssen. Doch das Verkehrschaos in Chinas Metropolen und die damit einhergehende Umweltverschmutzung zwingt die Verantwortlichen zum Handeln. Zusätzlich zu den Zulassungsbeschränkungen für Autos, wurde das Pekinger U-Bahnnetz kontinuierlich ausgebaut. Noch diese Woche sollen fünf weitere U-Bahnlinien ihren Betrieb aufnehmen.

Allein aus den aktuellen Maßnahmen in der Hauptstadt zu schließen, dass die chinesische Regierung den Kampf gegen die immense Umweltbelastung im ganzen Land verstärkt, mag übertrieben sein. Doch es mehren sich die Anzeichen, dass China, noch Spitzenreiter beim Verursachen der Erderwärmung, endlich umweltfreundlicher werden will. Das stärkste Zeichen hierfür ist der neue Fünfjahresplan, der Anfang nächsten Jahres in Kraft treten soll. Der zwölfte Fünfjahresplan, mit dem Chinas Führung die politischen Richtlinien festlegt, soll den Weg des Landes in ein moderneres Wirtschaften ebnen. Mehrfach hat Premierminister Wen Jiabao in den letzten Wochen hervorgehoben, dass man ein ausgewogeneres und nachhaltigeres Wachstum anstrebe. Dafür will Chinas Führung in den nächsten fünf Jahren 300 Milliarden Dollar jährlich in Schlüsselindustrien wie Erneuerbare Energien und Informationstechnik anlegen. Weg von der Produktion von billigen Massenwaren, hin zur Fertigung von Spitzentechnologie. So soll bald auch umweltschonender produziert werden. Dafür ist unter anderem die Schaffung eines nationalen Klimagesetzes ist im Gespräch.
Doch neben diesen Absichtserklärungen unternimmt China schon jetzt einige Anstrengungen im Bereich der Umwelttechnologie. Neben China investiert nur Deutschland, berechnet nach seiner Wirtschaftskraft, noch etwas mehr in saubere Energieträger als die Volksrepublik. Der Energieverbrauch gemessen an der Wirtschaftsleistung hat sich seit 1980 um etwa 60 Prozent verringert. Nach Plänen der Regierung in Peking will China seine Energieeffizienz bis 2020 um 40 bis 45 Prozent gegenüber den Werten von 2005 verbessern. Eine Verdoppelung des Anteils der Erneuerbaren Energien auf 15 Prozent gehört ebenfalls zu diesen ambitionierten Zielen. „Uns beeindruckt Chinas pragmatisches Vorgehen beim Kampf gegen den CO2-Ausstoß im eigenen Land“, lobte Greenpeace-Chef Kumi Naidoo die chinesische Umweltpolitik am Rande des Klimagipfels im mexikanischen Cancún Anfang Dezember. Obwohl China nicht von seiner Position abwich, sich nicht zu rechtlich bindenden CO2-Einsparungen zu verpflichten, konnte die chinesische Delegation auf der Klimakonferenz mit konstruktivem Auftreten punkten. Hier für gab es von einigen Umweltorganisationen Lob. „Die chinesische Delegation hat einige positive Signale ausgesendet“, sagte Xiaojun Wang vom Ostasienbüro der Umweltorganisation Greenpeace kurz nach dem Ende der Klimakonferenz. So zeigte sich China bei der Frage der internationalen Überprüfung seiner Emissionsstatistiken offener als bisher. Zuvor hatte diese Forderung der westlichen Industrieländer für einigen Streit gesorgt.

Doch bei all dem Lob für die chinesischen Bemühungen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Volksrepublik weiterhin der weltweit größte Klimasünder ist. Noch immer ist das Land von Kohle als Energieträger abhängig. Über 70 Prozent der Energie aus China stammt weiterhin aus Kohlekraftwerken. Damit ist China ist der weltweit größte Kohleverbraucher. Zusätzlich heizt das rasante Wirtschaftswachstum den Energiehunger der zweitgrößten Wirtschaftsmacht weiter an. Ein Viertel aller Treibhausgase stammt heute aus China. Und das Land reduziert den Ausstoß seiner Treibhausgase eben nicht, sondern bremst nur ihren gewaltigen Anstieg. Schon deshalb muss China seine Bemühungen für eine umweltfreundlichere Gesellschaft verstärken. Dieser Notwenigkeit kann sich die chinesische Führung nicht dauerhaft verschließen. Sonst droht der Umwelt des Landes der Kollaps – ähnlich wie dem Straßenverkehr in Peking.

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Freitag, 17. Dezember 2010

Europas Krise, Chinas Chance

China nutzt die Eurokrise, um seinen Einfluss auf europäische Staaten auszubauen.

Die Liste der westlichen Politiker und Unternehmer, die mit Bewunderung auf Chinas Wirtschaftsentwicklung schauen, dürfte in den letzten Monaten wohl immer länger geworden sein. Während die Eurozone noch immer mit den Folgen der internationalen Finanzkrise zu kämpfen hat, verzeichnet China konstant hohe Wachstumsraten. Von 10,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr und noch 9,6 Prozent im nächsten geht der Internationale Währungsfond für China aus. Die Volksrepublik ist Krisengewinner, aufgestiegen zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Zwar ist das Land nicht völlig sorgenfrei – im November stieg die Inflation auf 5,1 Prozent und auch der Preisdruck auf dem Immobilienmarkt wächst. Doch im Gegensatz zu den Staaten der Europäischen Union (EU) steht China als Musterknabe da. Beinahe mitleidig guckt man nach Westen. Vor allem, dass die Regierungen ihre Staatsausgaben zurückfahren, sehen chinesische Experten als Problem für das Wachstum in der Eurozone. Sie sind eine Führung gewohnt, die das Geld mit vollen Händen ausgibt.

Für China ist die derzeitige EU-Krise Gefahr und Chance zugleich. Eurostaaten die reihenweise Pleite gehen, können auch nicht im Sinne der chinesischen Wirtschaftslenker sein. Denn noch ist China in hohen Maßen von seinen Exporten abhängig. Und die EU ist der wichtigste Außenhandelspartner des Landes. Hinzu kommt, dass China etwa ein Viertel seiner gigantischen Devisenreserven von umgerechnet insgesamt 2,7 Billionen Dollar in Euro angelegt hat. Schwächelt der Euro, hat China Wertverluste zu beklagen. „Die Eurokrise ist noch nicht überstanden. Kaum jemand würde sich wundern, wenn Portugal als nächster Dominostein fällt. Und früher oder später treffen die Euroschwankungen auch China“, kommentiert das chinesische Magazin „Century Weekly“. Auch deshalb inszeniert sich China immer häufiger als Retter angeschlagener Euroländer. „Wir werden sehr eng mit der EU und Griechenland zusammenarbeiten, um diese Jahrhundertkrise zu überwinden“, erklärte Premierminister Wen Jiabao Anfang Oktober bei seinem Besuch in Athen. Einen Kredit über 3,6 Milliarden Euro und den Kauf von Staatsanleihen sagte Chinas Führung der Regierung in Athen zu. Auch andere Euroländer in Not bekommen Finanzspritzen aus Peking oder können auf diese hoffen. Ob Portugal, Spanien, Italien oder Irland – das angeschlagene Europa kann mit Unterstützung aus China rechnen.

Doch dessen Hilfestellung ist bei weitem kein reiner Freundschaftsdienst. Neben der Wertsicherung der eigenen Devisenreserven verfolgt die Volksrepublik mit ihrem Engagement in Europa noch ganz andere Ziele. Abgesehen davon, dass man sich ein ordentliches Geschäft mit den europäischen Staatsanleihen verspricht – es geht vor allem darum, an Einfluss in Europa zu gewinnen. Je mehr einzelne Euroländer bei der Volksrepublik in der Kreide stehen, desto schwerer fällt den westlichen Regierungschefs die Kritik an China, wenn es um politische Themen geht. So dürfte das chinesische Kalkül aussehen. Offen aussprechen möchte das in Peking aber niemand. Das offizielle China hebt lieber Gemeinsamkeiten und wirtschaftliche Kooperationen hervor. Doch in Zeiten einer geschwächten EU könnte die Volksrepublik ihren wachsenden Einfluss nutzen, um bei strittigen Themen Druck auszuüben. Und von denen gibt es genug. „China erhöht das Tempo, um seine Industrie von Billigwaren auf hochwertige Produkte umzustellen. Das wird in der Zukunft noch zu Handelsstreitigkeiten mit anderen Ländern führen, die solche Produkte herstellen“, erklärte Zhang Yuyan, Analyst des Instituts für Weltwirtschaft und Politik an der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, vor Kurzem gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

Steigender Einfluss könnte auch von Nöten sein, um eine Anerkennung des marktwirtschaftlichen Status der Volksrepublik zu erreichen. Dieser würde die chinesische Seite vor Anti-Dumping-Verfahren schützen, doch die EU zögert. Bei ihrem Chinabesuch im Juli hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zwar auf lange Sicht ihre Unterstützung angeboten. Doch gerade mit Blick auf den Schutz von geistigem Eigentum überwiegt in der EU bisher die Meinung, dass die Volksrepublik die Kriterien für den Status einer Marktwirtschaft noch nicht erfüllt. Chinesische Kommentatoren zeigen sich enttäuscht. „Wenn es dabei bleibt, wird das zweifellos die Exporte Chinas in die EU, aber auch die Wirtschaftsbeziehungen der EU mit anderen Ländern beeinflussen“, heißt es in der „China Daily European Weekly“, einem Ableger der staatlichen Zeitung „China Daily“. Doch mit dem wachsenden Einfluss auf krisengeschüttelte Mitgliedsstaaten der EU, steigen Pekings Chancen auch in diesem Punkt voranzukommen.

(c) hao.de

Dienstag, 14. Dezember 2010

Klimagipfel: Chinas kleiner Imagegewinn

Hart in der Sache, versöhnlich im Ton: Trotz weitgehend unveränderter Haltung auf dem Klimagipfel rückte China diesmal nicht als Blockierer in den Mittelpunkt.

Chinas Klimaunterhändler können mit sich zufrieden sein. Sie haben Pekings Position auf dem UN-Klimagipfel, der am Wochenende zu Ende ging, wacker verteidigt. Denn das überraschend erreichte Abkommen im mexikanischen Cancun folgt dem bei Chinas Unterhändlern so beliebten Motto der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung“. Im Klartext heißt das: Die Vereinbarungen des Kyoto-Protokolls bleiben zentraler Bestandteil des Verhandlungsprozesses. Industriestaaten werden zu festen Kohlendioxidminderungen verpflichtet, während Schwellenländer, zu denen sich China zählt, ihre Ziele freiwillig und weitgehend unverbindlich festlegen.

Xie Zhenhua, Chefunterhändler der chinesischen Delegation, erklärte den Gipfel zum Erfolg. „Wir haben volles Vertrauen in die vielseitigen Mechanismen, die den Verhandlungsprozess voranbringen“, sagte Xie Zhenhua der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Mit seinem Lob für die „Mechanismen“ machte Xie deutlich: Cancun ist eher ein Erfolg für die Diplomatie als für den Klimaschutz. Immerhin wurde ein Scheitern der Konferenz, wie vor einem Jahr in Kopenhagen geschehen, verhindert. Das Zwei-Grad-Ziel, nach dem die globale Erwärmung unter zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung gehalten werden muss, ist in den offiziellen Konferenzdokumenten festgeschrieben geworden. Ein rechtlich verbindliches Abkommen soll Ende 2011 im südafrikanischen Durban erzielt werden. „Wir können in Südafrika weiterkommen, wenn wir mit dem Geist der Geschlossenheit der Konferenz von Cancun weiterarbeiten“, sagte Xie.

Tatsächlich liegt der Erfolg des Klimagipfels vor allem in einer verbesserten Atmosphäre. Weil ein erneutes Scheitern der Klimakonferenz wohl deren Aus bedeutet hätte, hielten sich die Akteure mit allzu scharfer Kritik an einzelnen Staaten zurück. So wurde der eigentliche Erfolg für China möglich: Trotz weitgehend unveränderter Haltung rückte die Volksrepublik diesmal nicht als Blockierer in den Mittelpunkt. Dafür zeigte sich China an anderer Stelle flexibler und gab sich offen gegenüber der Überprüfung von Emissionsstatistiken. Bisher hatte sich Peking gegen diese Forderung der westlichen Industrieländer heftig gewehrt.

Noch beim Klimagipfel in Kopenhagen stand China neben den USA als Hauptverursacher des Scheiterns eines neuen Abkommens am Pranger. Obwohl China auch diesmal keine konkreten Zusagen machte, erreichte die chinesische Delegation durch ihren von Beobachtern als konstruktiv gewerteten Auftritt einen kleinen Imagegewinn. „Die chinesische Delegation hat einige positive Signale ausgesendet“, sagt Xiaojun Wang von der Umweltorganisation Greenpeace. Chinas Chefunterhändler Xie Zhenhua habe auch von Plänen zur Schaffung eines nationalen Klimagesetzes innerhalb des nächsten Fünfjahresplans gesprochen. Dafür gab es auch von Greenpeace-Chef Kumi Naidoo Lob: „Die positive Haltung Chinas auf dieser Konferenz ist ermutigend. Mehr noch beeindruckt uns aber Chinas pragmatisches Vorgehen beim Kampf gegen den CO2-Ausstoß im eigenen Land.“

Neben China investiert nur Deutschland, berechnet nach seiner Wirtschaftskraft, noch etwas mehr in saubere Energieträger. Der Energieverbrauch gemessen an der Wirtschaftsleistung hat sich seit 1980 um etwa 60 Prozent verringert. Chinas Regierung will die Energieeffizienz bis 2020 um 40 bis 45 Prozent gegenüber den Werten von 2005 verbessern. Eine Verdoppelung des Anteils der Erneuerbaren Energien auf 15 Prozent gehört ebenfalls zu diesen ambitionierten Zielen. Doch China hat auch keine andere Wahl, um die hohen Umweltbelastungen zu verringern. „Mit seiner starken Abhängigkeit von der teuren Kohle zahlt China einen unnötig hohen Preis. Für die Umwelt, aber auch seine Wirtschaft“, sagt Xiaojun Wang von Greenpeace. Mehr als 70 Prozent der Energie stammt aus Kohlekraftwerken. China ist der größte Kohleverbraucher der Welt und als Verursacher der globalen Erwärmung Spitzenreiter. Und Chinas rasantes Wachstum heizt den Energiehunger weiter an. Auch deshalb hoffen die Klimadiplomaten, dass China beim nächsten Gipfel einen weiteren Schritt in Richtung verbindlicher Klimaziele macht. Das wäre dann nicht nur gut für Chinas Image.

(c) hao.de

Samstag, 11. Dezember 2010

Friedensnobelpreis: China reagiert mit Härte

„Einem wie mir, der in einem unmenschlichen System in Würde leben will, bleibt keine Wahl, als zu opponieren. Dafür ins Gefängnis zu kommen, ist Teil dieser Wahl“, hat der inhaftierte Bürgerrechtler Liu Xiaobo einst im Vorwort eines Gedichtbands geschrieben. Es sind Zeilen wie diese, in denen sich das Selbstverständnis des ersten chinesischen Friedensnobelpreisträgers erkennen lässt. Ein Selbstverständnis, das eine ganz natürliche Opposition gegen das Regime in Peking zeigt und mit dem der Schriftsteller über Jahrzehnte seinen friedlichen Kampf für mehr Demokratie in China geführt hat. Deshalb gilt Liu Xiaobo, der sich immer nur mit Worten für Reformen eingesetzt hat, der Führung in Peking schon lange als Staatsfeind. Für Chinas Regierung ist er ein „gewöhnlicher Krimineller“. Mehrfach hat sie die Vergabe des Friedensnobelpreises an den 54-jährigen Bürgerrechtler scharf verurteilt.

Auch wenn weder der inhaftierte Liu Xiaobo, noch seine Frau an der Verleihungszeremonie in Oslo teilnehmen konnten - die Ehrung von Liu bleibt ein Schlag ins Gesicht der kommunistischen Führung. Der Friedensnobelpreis macht ihn endgültig zum Anführer der Demokratiebewegung in China. Er gibt der Bürgerrechtsszene neuen Mut und Kraft für ihren friedlichen Kampf für eine gerechtere Gesellschaft. Und Mut ist von Nöten, denn die Machthaber in Peking reagieren auf die Preisvergabe mit einer noch härteren Verfolgung von Regimekritikern. Wie die Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders (CHRD) am Freitag berichtete, sei ein enger Freund Liu Xiaobos in Peking verhaftet worden. Zhang Zuhua, der auch zu den Autoren der „Charta 08“ gehört, sei bereits am Donnerstag auf offener Straße von Angehörigen der Staatssicherheit in einen Kleinbus gezerrt und verschleppt worden. Weitere Aktivisten seien kurz vor der Verleihung des Friedensnobelpreises verschwunden. Dutzende chinesische Dissidenten wurden bereits festgenommen und verhört. Einige sind in Polizeigewahrsam, wurden von Sicherheitskräften geschlagen oder in Umerziehungslager gebracht. Mehr als 100 Aktivisten werden derzeit überwacht. Mit aller Macht geht Peking gegen Regimekritiker vor.

Liu Xiaobo kennt diese Methoden all zu gut. Seit zwei Jahrzehnten gehört er zu den wichtigsten Denkern der Demokratiebewegung. Immer wieder ist er in dieser Zeit mit den Regierenden aneinander geraten. Nach einem Aufenthalt in den USA kehrte er 1989 nach Peking zurück, um mit Studenten für eine gerechtere Regierung und mehr Demokratie zu demonstrieren. In der Nacht zum 4. Juni 1989 schlug die chinesische Regierung die Proteste auf dem „Platz des Himmlischen Friedens“ mit Militärgewalt brutal nieder. Liu Xiaobo vermittelt bei einem friedlichen Abzug hungerstreikender Studenten. So verhindert er wohl ein noch größeres Blutbad. Die chinesische Regierung macht ihn später zu einem Drahtzieher der Studentenproteste, er kam für etwa ein Jahr ins Gefängnis. Auch wenn ihn das blutige Geschehen um den 4. Juni belastete – Liu engagierte sich weiter. Im Mai 1995 wurde er deswegen für acht Monate eingesperrt, im Oktober 1996 für drei Jahre in ein Umerziehungslager gebracht.

International machte Liu Xiaobo auf sich aufmerksam, als er 2008 mit anderen Bürgerrechtlern die „Charta 08“ entwarf. In dem Manifest fordern sie das Ende der Ein-Parteien-Herrschaft in China und Gewaltenteilung. „Die Rückständigkeit des gegenwärtigen Systems ist an einem Punkt angekommen, an dem es ohne Reformen gar nicht mehr geht“, heißt es in dem Dokument. Den Appell veröffentlichten die Aktivisten aus Anlass des 60. Jahrestages der UN-Menschenrechtserklärung. Über 10 000 Sympathisanten haben ihn seither unterschrieben. Bewusst nahmen die Initiatoren des Appells das Risiko auf sich, verfolgt und inhaftiert zu werden. Und die Reaktion der chinesischen Behörden ließ nicht lange auf sich warten. Bereits Anfang Dezember 2008 verschleppten Polizisten Liu aus seiner Wohnung. Ohne Verfahren wurde er monatelang an einem geheimen Ort gefangen gehalten. Erst im Sommer 2009 wurde er offiziell festgenommen und dann am 25. Dezember 2009 wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ verurteilt. Gerade diesen Straftatbestand kritisierten die Autoren der „Charta 08“, denn er höhlt die Redefreiheit in der Praxis aus. „Es muss ein Ende haben, dass Wörter Verbrechen sein können“, fordern Chinas Bürgerrechtler deshalb.

Wie bedeutend Liu Xiaobo für die Demokratiebewegung ist, wie sehr Chinas Machthaber dessen Forderungen nach Reformen fürchten, lässt sich an deren harschen Reaktionen auf die Preisvergabe ablesen. Neben der Verfolgung von Kritikern, versucht Peking die chinesische Bevölkerung von Informationen über den Friedensnobelpreis abzuschotten. Seit Wochen ignorieren Chinas gelenkte Medien das Thema. Nur vereinzelt veröffentlichten Zeitungen abfällige Kommentare über Liu. Der Empfang der ausländischen TV-Nachrichtensender CNN und BBC wurde am Freitag mit Blick auf die Preisverleihung in Oslo zeitweise unterbrochen. Die Webseiten der Sender waren bereits am Donnerstag blockiert. Das gesamte Internet in China wird streng zensiert.

Dass das mächtige Regime in Peking den Intellektuellen Liu Xiaobo tatsächlich zu fürchten scheint, ließ sich schon an dem Urteil gegen ihn von Ende 2009 erkennen. Elf Jahre Haft - so wollten die chinesischen Behörden ein Exempel an der ohnehin schon stark dezimierten Demokratiebewegung statuieren. Doch auch im Angesicht des harten Urteils zeigte sich Liu als friedlicher, aber unbeirrter Kämpfer für Demokratie und Menschenrechte. „Ich habe keine Feinde und keinen Hass“, erklärte Liu Xiaobo seinen Richtern. „Denn Hass vergiftet den Geist einer Nation, zerstört die Toleranz einer Gesellschaft und behindert den Fortschritt einer Nation in Richtung Frieden und Demokratie“.

Freitag, 10. Dezember 2010

Verfolgung und ein wenig Hoffnung

Weder Liu Xiaobo noch seine Frau nehmen an der Verleihungszeremonie des Friedensnobelpreises in Oslo teil. In den letzten Monaten hat sich die Lage für Regimekritiker in China deutlich verschlechtert.

Anfang Oktober, zwei Tage bevor bekanntgegeben wurde, dass der chinesische Bürgerrechtler Liu Xiaobo den diesjährigen Friedensnobelpreis erhält, hatte sich dessen Frau für ihren inhaftierten Ehemann zu Wort gemeldet. „Wenn er den Preis gewinnt, gibt es eine Chance für einen friedlichen und vernünftigen Wandel in China. Es könnte China den Weg in eine zivilisiertere Gesellschaft ebnen“, sagte Liu Xia damals. Viel Hoffnung schwang in ihren Worten mit. Hoffnung, dass ihr Mann durch die Auszeichnung schneller nach Hause kommen könnte, nicht die vollen elf Jahre seiner Haftstrafe absitzen muss. Hoffnung aber auch, dass sich das Land stärker öffnet und sich die Menschenrechtslage in der Volksrepublik verbessern könnte.
Etwa zwei Monate später findet nun die Verleihungszeremonie in Oslo statt. Liu Xiaobo, der gewaltlose Kämpfer für Demokratie in China, wird den diesjährigen Friedensnobelpreis tatsächlich erhalten. Doch weder der Preisträger noch seine Frau werden an der Verleihung teilnehmen können. Wie zu erwarten, sind die Wünsche für einen „vernünftigen Wandel“ bei der chinesischen Regierung auf taube Ohren gestoßen. Peking verschärfte nach der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises für Liu Xiaobo erst einmal den Umgang mit Regimekritikern. Auch die Frau des Preisträgers bekam dies zu spüren. Liu Xia steht unter strengem Hausarrest. Sie wird von Chinas Staatssicherheit in ihrer Pekinger Wohnung festgehalten, mittlerweile ohne jeden Kontakt zur Außenwelt.

Seit Liu Xiaobo als Friedensnobelpreisträger feststeht, sind zahlreiche chinesische Bürgerrechtler oder Unterstützer Lius Repressionen durch die chinesische Regierung ausgesetzt. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden Dutzende chinesische Dissidenten festgenommen und verhört. Einige sind in Polizeigewahrsam, wurden von Sicherheitskräften geschlagen oder in Umerziehungslager gebracht. Mehr als 100 Aktivisten werden laut aktuellen Angaben der Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders (CHRD) überwacht. Viele sind in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt oder wurden zeitweise unter strengen Hausarrest gestellt. „Das Vorgehen der chinesischen Polizei gegenüber Menschenrechtsaktivisten ist diesmal noch heftiger als vor den Olympischen Spielen“, sagt Renee Xia, Direktor von CHRD. „Chinas Regierung verliert ihre Glaubwürdigkeit, indem sie eine Farce aus ihrem eigenen Versprechen macht, die Menschenrechte einzuhalten“, so Xia weiter. Einige Regimekritiker mussten Peking zwangsweise verlassen. Zuletzt ereilte dieses Schicksal die Aktivistin Zhang Xianling. Sicherheitsbeamte nötigten die Mitbegründerin der Organisation der „Tiananmen-Mütter“ zur Abreise aus Peking. Zhang fordert die Aufklärung der blutigen Niederschlagung der Studentenproteste auf dem „Platz des Himmlischen Friedens“ im Juni 1989, die das Ende der Demokratiebewegung bedeutete. So wie auch Liu Xiaobo sind viele der heutigen chinesischen Menschenrechtsaktivisten tief mit der Demokratiebewegung von 1989 verbunden und wurden nach deren Niederschlagung vom kommunistischen Regime verfolgt.

Zu den Repressalien im Vorfeld der diesjährigen Friedensnobelreisverleihung, gehören auch Ausreiseverbote für Regimekritiker - offenbar um eine Teilnahme an den Feierlichkeiten in Oslo zu verhindern. Erst letzte Woche wurde der bekannte Künstler Ai Weiwei daran gehindert, ins Ausland zu fliegen. Neben Ai Weiwei wurden etwa 40 weitere Regimekritiker mit einer Reisesperre belegt, darunter Liu Xiaobos Anwalt Mo Shaoping, der kritische Jurist He Weifang und der Ökonom Mao Yushi. „Ich bin schon zu Hunderten Gelegenheiten außerhalb Chinas gewesen. Es war das erste Mal, dass ich am Abflug gehindert wurde“, empörte sich Mao Yushi letzte Woche gegenüber dem US-Sender Radio Free Asia. Auch wenn vom chinesischen Festland wohl niemand zur Preisverleihung reisen kann - zumindest einige Exilchinesen werden heute in Oslo erwartet. Darunter sollen bekannte Aktivisten und Mitglieder der Demokratiebewegung von 1989 sein, wie die ehemaligen Studentenführer Wu'er Kaixi und Chai Ling oder der in den USA lebende Bürgerrechtler Yang Jianli.

Trotz der verschärften Verfolgung von Regimekritikern hat der Friedensnobelpreis auch eine positive Wirkung auf die Menschenrechtsszene. „Dank der Auszeichnung sind Bürgerrechtler aktiver geworden, haben viel Kraft und Mut gesammelt“, glaubt Renee Xia von CHRD. Der Preis für Liu Xiaobo sei eine Anerkennung für die Opfer, die chinesische Bürgerrechtler erbracht hätten. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen fordern eine sofortige Freilassung Lius und die Aufhebung des Hausarrests für seine Frau. Eine Forderung, die das chinesische Regime kaum beeindrucken dürfte. Die Führung in Peking sieht in Liu Xiaobo einen Kriminellen. Jiang Yu, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, verstärkte am Donnerstag in Peking erneut die Kritik an der Vergabe des Friedensnobelpreises. „Das Nobelpreiskomitee muss erkennen, dass es die Meinung einer Minderheit vertritt. Chinas Bevölkerung und die meisten Menschen weltweit sind gegen diese Entscheidung“, behauptete Yu. Sie bezog sich bei ihrer Äußerung auch auf den Boykott der Verleihungszeremonie in Oslo, an dem sich neben China 18 weitere Staaten beteiligen, nachdem die Führung in Peking zuvor massiven Druck ausgeübt hatte.

Unterdessen hat sich China seinen eigenen Friedenspreis geschaffen. Der „Konfuzius-Friedenspreis“ wurde am Donnerstag in Peking zum ersten Mal vergeben. Als Preisträger wurde der frühere taiwanesische Vizepräsident Lien Chan für seinen Einsatz zur Aussöhnung mit China benannt. Die Volksrepublik begibt sich mit dem Gegenpreis zur Auszeichnung des Nobelkomitees allerdings in unrühmliche Gesellschaft. Aus Protest gegen den Friedensnobelpreis für den damals ebenfalls inhaftierten deutschen Publizisten Carl von Ossietzky schuf Adolf Hitler 1937 den Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft. Während Chinas gelenkte Staatspresse ausgiebig über den „Konfuzius-Friedenspreis“ berichtet, wird der diesjährige Friedensnobelpreis weitgehend ignoriert. Ein Großteil der Bevölkerung in China weiß nicht, dass das erste Mal in der Geschichte einer ihrer Mitbürger den Friedensnobelpreis erhalten hat.

Dessen Preisträger, der 54-jährige Schriftsteller Liu Xiaobo, kämpft seit Jahrzehnten mit friedlichen Mitteln für mehr Demokratie in China. Er ist Autor der „Charta 08“, in der Chinas Regierung zu tiefgreifenden politischen Reformen aufgefordert wird. Im Dezember 2009 wurde er wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ zu elf Jahren Haft verurteilt. Liu war schon in der Demokratiebewegung von 1989 aktiv und musste nach der blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens für 20 Monate in Haft.

(c) hao.de

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